Leitsatz (amtlich)

Zur Wahrung der materiellen Ausschlussfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG ist grundsätzlich § 270 Abs. 3 ZPO (jetzt § 167 ZPO) entsprechend anwendbar.

Da jedoch bei der Beschlussanfechtung der Fortgang des Verfahrens nicht ohne weiteres von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden kann, führt eine aus der verspäteten Einzahlung folgende Verzögerung der Zustellung nicht zur Fristversäumung. Das gilt auch, wenn daneben weitere Unterlagen (hier: Eigentümerliste und Abschriften für diese Eigentümer) gefordert wurden.

 

Normenkette

WEG § 24 Abs. 4 S. 2; ZPO § 167 n.F., § 270 Abs. 3 a.F.; KostO § 8 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 T 63/01)

AG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 UR II 22/00 WEG)

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Bad Kreuznach zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.195,33 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit ihrem am 6.10.2000 beim AG eingegangenen Antrag begehrt die Beteiligte zu 1) von den übrigen Wohnungseigentümern, vertreten durch den Verwalter, mehrere in der Eigentümerversammlung vom 8.9.2000 gefasste Beschlüsse für ungültig zu erklären. Auf den Hinweis des AG vom 16.10.2000, für die weitere Bearbeitung des Antrags seien eine vollständige Wohnungseigentümerliste, eine ausreichende Anzahl von Abschriften für diese Wohnungseigentümer sowie näher bestimmte Vorschüsse für Zustellung je Eigentümer und das Verfahren erforderlich, hat die Beteiligte zu 1) erst mit einem am 25.1.2001 beim AG eingegangenen Schriftsatz reagiert und die geforderten Unterlagen eingereicht sowie den Vorschuss gezahlt. Die Zustellung an die übrigen Wohnungseigentümer erfolgte sodann am 2. bzw. 3.2.2001.

Das AG hat über die Anträge sachlich entschieden und sie zurückgewiesen; die Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Nach Ansicht des LG ergibt sich dies bereits daraus, dass die Beteiligte zu 1) die Antragsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG versäumt hat. Nachdem zwischen Eingang des Antrags und der Zustellung nahezu 4 Monate gelegen hätten, könne Letztere nicht mehr als „demnächst erfolgt” angesehen werden. Insoweit gehe es zu Lasten der Beteiligten zu 1), dass sie den vom AG zu Recht nach § 8 Abs. 2 S. 1 KostO geforderten Verfahrenskostenvorschuss nicht alsbald eingezahlt habe.

Mit ihrer hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) ihre Anfechtungsanträge weiter. Gegenüber den Ausführungen des LG macht sie in erster Linie geltend, im Beschlussanfechtungsverfahren sei eine Vorschussanforderung nicht zulässig.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 FGG). Insbesondere unterliegt es nach der Wertfestsetzung durch das LG keinen Bedenken, dass der in § 45 Abs. 1 WEG vorausgesetzte Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht ist.

2. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Denn die Erwägungen des LG zur Versäumung der Anfechtungsfrist halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Im Ausgangspunkt geht das LG zutreffend davon aus, dass die materielle Ausschlussfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG entspr. § 270 Abs. 3 ZPO (jetzt: § 167 ZPO) mit der Einreichung des Antrags bei Gericht nur gewahrt ist, soweit seine Zustellung demnächst erfolgt. Richtig ist zwar, dass in Rechtsprechung und Lit. die Zustellung an die übrigen Beteiligten zum Teil nicht für erforderlich gehalten wird (vgl. AG Neuss WE 1996, 38; KG v. 13.3.1991 – 24 W 5437/90, WuM 1991, 369; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 23 WEG Rz. 27 und § 43 WEG Rz. 14). Insoweit folgt der Senat aber – ebenso wie bereits das LG – der Auffassung des BGH unter Hinweis auf die Kommentierung bei Staudinger (vgl. BGH v. 17.9.1998 – V ZB 14/98, MDR 1999, 28 = NJW 1998, 3648; OLG Köln ZMR 2001, 661). Auch wenn das WEG-Verfahren grundsätzlich nach den Vorschriften des FGG zu behandeln ist, handelt es sich um sog. echte Streitsachen, die als solche den zivilprozessualen Streitigkeiten sehr nahe stehen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 8. Aufl., § 44 WEG Rz. 3). Die ordnungsgemäße Beteiligung der Gegenseite gebietet daher – wie auch im Zivilprozess – eine Zustellung (vgl. Wenzel in BUB, WEG, § 43 Rz. 42 und Vorbem. zu §§ 43 ff. Rz. 28).

b) Nicht gefolgt werden kann hingegen der Ansicht des LG, soweit dieses die verspätete Zahlung des Verfahrensvorschusses – Entsprechendes muss für den Auslagenvorschuss gelten (vgl. BayObLGZ 1971, 288 [291 ff.]) – der Beteiligten zu 1) zugerechnet hat. Entgegen der Auffassung der Kammer besteht nämlich im WEG-Beschlussanfechtungsverfahren gru...

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