Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ab welcher Höhe des insgesamt geltend gemachten Bedarfs der Unterhalt verlangende Ehegatte seinen Bedarf konkret ermitteln und darlegen muss.

 

Normenkette

BGB § 1361

 

Verfahrensgang

AG Landstuhl (Aktenzeichen 1 F 175/12)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird geändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin 6.000 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 500 EUR seit dem 1.5.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.6.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.7.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.8.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.9.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.10.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.11.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.12.2011,

aus 500 EUR seit dem 1.1.2012,

aus 500 EUR seit dem 1.2.2012,

aus 500 EUR seit dem 1.3.2012 und

aus 500 EUR seit dem 1.4.2012.

II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.

III. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

V. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt für das erste Jahr nach der Trennung. Sie haben am 23.12.2003 geheiratet und leben seit dem 27.4.2011 getrennt. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Das Scheidungsverfahren ist rechtshängig, jedoch noch nicht entscheidungsreif. Beide Eheleute waren während intakter Ehe durchgehend erwerbstätig.

Der Antragsgegner, geboren 1958, ist selbständiger Zahntechniker. Die steuerbaren Einkünfte aus seinem Gewerbebetrieb betrugen îm Jahr 2007 128.842 EUR, im Jahr 2008, in dem er eine größere Investition tätigte, 85.570 EUR und im Jahr 2009 235.912 EUR. Den zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw Mercedes ML nutzt er auch privat. Er bewohnt im eigenen Haus eine 120 qm-Wohnung, deren Mietwert er mit 800 EUR angibt. Aus Vermietung und Verpachtung hat er in den Jahren 2007 bis 2009 durchschnittlich monatlich 521 EUR versteuert. Der Tilgungsanteil der Annuität für das Hausdarlehen betrug im streitigen Zeitraum durchschnittlich 1.430 EUR. Seine Vorauszahlungen auf Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag beliefen sich im Jahr 2011 auf monatlich 5.295 EUR. An Vorsorgeaufwendungen wurden im Einkommensteuerbescheid für 2009 monatlich durchschnittlich 2.083 EUR aufgeführt; die darin enthaltenen Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung betrugen im Jahr 2010 monatlich rund 747 EUR. An seine volljährige Tochter aus früherer Ehe, die im Ausland studiert, zahlt er Unterhalt i.H.v. monatlich 1.200 EUR.

Die Antragsgegnerin, Jahrgang 1968, hat in ihrem Heimatland Brasilien eine Ausbildung zur Buchhalterin abgeschlossen. Während der Ehe war sie im Betrieb des Antragsgegners sozialversicherungspflichtig mit einem Nettoeinkommen von 678,50 EUR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mit der Trennung beendet. Von Mai 2011 bis Januar 2012 arbeitete sie in Teilzeit für eine Firma für Personaldienstleitungen. Sie erhielt einschließlich Fahrtkostenerstattung durchschnittlich monatlich 1.099 EUR ausgezahlt. Der Arbeitsplatz befand sich in Pforzheim. Nach einem Arbeitgeberwechsel zu einem Arbeitsplatz in Karlsruhe erhielt sie ab Februar 2012 bis Mai 2012 monatlich durchschnittlich netto 981 EUR.

Im streitigen Zeitraum von Mai 2011 bis April 2012 hat der Antragsgegner einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 1.200 EUR geleistet sowie in die (früher betriebliche) Altersversorgung der Antragstellerin bei der R+V-Rentenversicherung monatlich 150 EUR eingezahlt.

Mit am 26.4.2012 eingegangenem Antrag begehrt die Antragstellerin darüber hinaus die Zahlung weiterer 500 EUR monatlich nebst gestaffelter gesetzlicher Zinsen. Sie hat den Antragsgegner hierzu mit Schreiben vom 6.5.2011 aufgefordert.

Sie ist der Ansicht, dieser Betrag stehe ihr mindestens als (restlicher) Quotenunterhalt zu. Hilfsweise hat sie ihren Unterhaltsbedarf insgesamt auf 3.730 EUR beziffert unter Auflistung der Einzelbeträge wie folgt:

Wohnung

900 EUR

Auto

500 EUR

Benzin

200 EUR

allgemeiner Lebensunterhalt

600 EUR

Telefon, Handy, Internet

100 EUR

Kleidung, Schuhe, Taschen

350 EUR

Kosmetika

50 EUR

Urlaub

300 EUR

Sport, Hobby

50 EUR

Kino, Theater, Musical

50 EUR

Restaurantbesuche

100 EUR

Tageszeitung, Wochenzeitung

30 EUR

Frisuer

100 EUR

Kleinkosten

100 EUR

Altersvorsorge

300 EUR

Gesamt

3.730 EUR

Das Familiengericht hat die Akte des vorausgegangenen Verfahrens wegen Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses (Az. 1 F 312/11 AG Landstuhl) beigezogen und sodann den Antrag abgewiesen mit der Begründung, bei Unterhaltsforderungen ab 1.500 EUR sei der Bedarf nicht nach Quote zu berechnen, sondern konkret darzulegen. Die Antragstellerin habe ihren Bedarf über das eigene Einkommen und den bereits gezahlten Trennungsunterhalt hinaus nicht hinreichend konkret dargetan, so dass eine Schätzung des Gerichts gem. § 287 ZPO nicht möglich sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.

Der Antragsgegner beruft si...

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