Verfahrensgang

AG Landstuhl (Entscheidung vom 03.05.2012; Aktenzeichen 4286 Js 12300/10)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Landstuhl vom 3. Mai 2012 mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Landstuhl zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Kreisverwaltung K. hat gegen die Betroffene mit Bußgeldbescheid vom 14. September 2010 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld und ein Fahrverbot festgesetzt. Grundlage des Bußgeldbescheids ist eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Einseitensenor 3.0 der Firma ESO in der Gemarkung R. am 18. August 2010. Auf ihren Einspruch hat das Amtsgericht Landstuhl die Betroffene mit Urteil vom 10. Februar 2011 wegen der im Bußgeldbescheid bezeichneten Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 600 € verurteilt und ein Fahrverbot von 3 Monaten angeordnet. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom 16. Januar 2002 das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Landstuhl zurückverwiesen. Mit Urteil vom 3. Mai 2012 hat das Amtsgericht Landstuhl die Betroffene freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde eingelegt und das Rechtsmittel mit der Sachrüge begründet.

II.

Die gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat - zumindest vorläufig - Erfolg. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil die Feststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung lückenhaft sind und damit den Anforderungen der §§ 261, 267 Abs. 5 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG nicht entsprechen.

Wenn auch in Bußgeldverfahren an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind, kann für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren gelten. Denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird. Dies gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in den Stand gesetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Widersprüche, Unklarheiten, Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen. Bei einem freisprechenden Urteil müssen die Urteilsgründe gemäß § 267 Abs. 5 StPO ergeben, ob der Betroffene für nicht überführt (Freispruch aus tatsächlichen Gründen) oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angesehene Tat nicht zu ahnden ist (Freispruch aus rechtlichen Gründen). Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter regelmäßig darlegen, welche Feststellungen er getroffen hat, auf welche für erwiesen erachteten Tatsachen das Gericht seine Überzeugung stützt, wie sich der Betroffene eingelassen hat und - in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbaren Weise der Sachverhaltswürdigung - aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen weiteren Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 18. März 2009, 2 Ss OWi 153/09, zit. nach [...]).

Im vorliegenden Fall führt das Amtsgericht in den Urteilsgründen aus, die Betroffene sei aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Welchen Sachverhalt das Amtsgericht für erwiesen erachtet, ergibt sich aus den Urteilsgründen allerdings nicht. Die weiteren Ausführungen des Amtsgerichts zeigen, dass der Freispruch aus tatsächlichen Gründen erfolgt ist, die Betroffene nämlich des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht überführt ist. Lediglich das vorliegende Beweismittel - die Geschwindigkeitsmessung mit dem Einseitensenor 3.0 der Firma ESO - hält das Amtsgericht aus rechtlichen Gründen nicht für verwertbar. Das Amtsgericht hat sich insoweit dem Vortrag der Betroffenen angeschlossen. Die Betroffene hat das Geschwindigkeitsmessverfahren mit dem oben genannten Gerät nicht im Detail, aber dem Grunde nach angegriffen und dazu vorgetragen:

Die Messung mit diesem Gerät sei durch den Verteidiger selbst unter Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht auf die Plausibilität hin nachzuprüfen, weil der Gerätehersteller die Einsichtnahme in die Messdaten verweigere. Dies verstoße gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz und die Aufklärungspflicht des Gerichts, außerdem gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens, mithin Art 103 GG. Die Betroffene habe keine Möglichkeit ein vorhandenes Beweismittel inhaltlich nachzuvollziehen. Zudem werde ihr gewissermaßen als Zirkelschluss der BGH- Rechtsprechung zum standardis...

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