Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Ergänzungspflegers im Sorgerechtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Betrifft ein Sorgerechtsverfahren - wie bei der familiengerichtlichen Genehmigung einer Erbausschlagung - ausschließlich Vermögensangelegenheiten, so bedarf es bei Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kindern der Bestellung eines Ergänzungspflegers, die durch Bestellung eines Verfahrensbeistands nicht ersetzt werden kann (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.9.2011 - XII ZB 12/11)

 

Normenkette

BGB § 1629 Abs. 2 S. 3, §§ 1643, 1909 Abs. 1, § 1976 Abs. 2; FamFG §§ 9, 158

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, mit der Ausnahme derjenigen, die dem Beteiligten zu 2) entstanden sind.

III. Der Verfahrenswert für das Verfahren erster Instanz wird unter Änderung von Ziff. 2. des angefochtenen Beschlusses ebenso wie derjenige für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 155 000 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die minderjährigen Kinder M.-L. und J. F. sind Erben nach dem Tod ihrer am 29.8.2010 verstorbenen Mutter. Als Testamentsvollstrecker hat die Erblasserin ihren Vater, den Beteiligten zu 2), eingesetzt. Die Kinder leben seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater, dem Beteiligten zu 1). Dieser war nicht mit der Erblasserin verheiratet. Die Eltern haben jedoch hinsichtlich beider Kinder eine Erklärung zur gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1626a Abs. 1 BGB abgegeben.

Zum Nachlass der Verstorbenen gehörten mehrere Grundstücke, darunter ein im hälftigen Miteigentum der Erblasserin und des Beteiligten zu 1) stehendes - mit einem Mehrfamilienhaus bebautes - Grundstück in Güstrow, für das ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet ist. Mit der Begründung, hieraus könne nur ein geringer Erlös erzielt werden und den Hinweis auf Schulden hat der Beteiligte zu 1) für die Kinder gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft ausgeschlagen und insoweit um die familiengerichtliche Genehmigung nachgesucht.

Der Rechtspfleger des Familiengerichts hat für die Kinder einen Verfahrenspfleger bestellt, diesen sowie den Testamentsvollstrecker angehört und mit angefochtenem Beschluss den Antrag auf Genehmigung der Erbschaftsausschlagung zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er unter Hinweis auf einen Renovierungsstau und zahlreiche Außenstände der Immobilie in Güstrow weiterhin die Ausschlagung der Erbschaft erstrebt, weil der Nachlass überschuldet sei.

Der Beteiligte zu 2) ist dem entgegengetreten. Er legt einen Jahresabschluss zum 31.12.2011 vor und macht geltend, dass nach dem zwischenzeitlichen Verkauf eines der Grundstücke keinesfalls von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen werden könne.

Auf Veranlassung des Senats hat das AG - Familiengericht - für die Kinder einen Ergänzungspfleger bestellt. Dieser ist nach Studium der Akten und Gesprächen mit den Beteiligten zur Auffassung gelangt, dass der Nachlass nicht überschuldet ist; für die Kinder beantragt er deshalb, die Beschwerde des Vaters als unbegründet zurückzuweisen. Dazu wird auf die Stellungnahme des Ergänzungspflegers vom 14.5.2012 (Bl. 317 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Wird, wie hier, die familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung versagt, steht das Beschwerderecht gem. §§ 59, 60 FamFG nicht nur dem Kind, sondern auch den Eltern im eigenen Namen zu. Denn durch die Versagung wird zugleich ihr Recht zur Verwaltung des Kindesvermögens beeinträchtigt (vgl. BayObLG FamRZ 1981, 196; Staudinger/Engler (2009) § 1643 Rz. 62; Huber in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1643 Rz. 45). Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Beteiligte zu 1) als Vater die Beschwerde eigenen Namens eingelegt hat, zumal in der Beschwerdeschrift betont wird, dass er zu Recht die Erbschaft der Kinder ausgeschlagen habe.

Gegen ein etwaiges Rechtsmittel der Kinder bestünden demgegenüber Bedenken zur Zulässigkeit. Denn insoweit erscheint eine Vertretungsbefugnis durch ihren Vater zweifelhaft (vgl. dazu etwa KG FamRZ 2010, 1171; OLG Köln ZEV 2011, 595 sowie Beschl. v. 22.8.2011 - 4 U 139/11, zitiert nach juris). Das gilt auch für die ältere Tochter, da diese zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Ungeachtet dessen liegt im Hinblick auf das zur Hälfte zum Nachlass gehörende Grundstück in Güstrow ein nicht unerheblicher Interessengegensatz i.S.v. §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 Abs. 2 BGB vor. Denn die Gefahr, dass der Vater im Hinblick auf den eigenen Hälfteanteil an der Immobilie die Interessen seiner Kinder nicht hinreichend berücksichtigt, liegt hier auf der Hand. Auch insoweit hätte es der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft bedurft, die durch die Bestellung eines Verfahrensbeistandes - wie erstinstanzlich geschehen - nicht ersetzt werden kann, weil das zur zur Beurteilung stehende Verfahren ...

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