Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelung der Benutzung der Ehewohnung während des Getrenntlebens. Ehewohnungszuweisungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Verfahren zur Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung (hier: während des Getrenntlebens der Ehegatten) ist als Entscheidungsvoraussetzung lediglich ein Verfahrensantrag erforderlich; von Sachanträgen der Beteiligten wird die Entscheidungskompetenz des Gerichts nicht beeinflusst. Eine Missachtung dieser prozessualen Grundsätze kann einen schweren Verfahrensfehler darstellen und zur Aufhebung und Zurückverweisung führen.

 

Normenkette

BGB § 1361b; HausratsVO § 18a

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Beschluss vom 02.12.1986; Aktenzeichen 5 b F 230/86)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluß aufgehoben; die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Gericht des ersten Rechtszuges zurück verwiesen.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seit 1960 miteinander verheiratet und wohnen für 618,– DM pro Monat bei der Beteiligten zu 3) zur Miete. Bei ihnen lebt noch eine erwachsene Tochter. Die Wohnung besteht aus dreieinhalb Zimmern, Küche und Bad.

Am 13. Juli 1986 kam es zwischen den beteiligten Eheleuten zu einer Auseinandersetzung, über deren Verlauf sie unterschiedliche, jeweils den Gegner belastende Darstellungen geben. Seither leben sie in der ehelichen Wohnung getrennt, soweit das die Verhältnisse zulassen. Während der Werktage befindet sich der auswärts beschäftigte Antragsgegner meist nicht in der Wohnung. Am Wochenende zieht sich die Antragsteller in weitgehend zur Tochter in deren Zimmer zurück.

Mit der im einzelnen näher ausgeführten Begründung, wegen des rüden und gewalttätigen Verhaltens des Antragsgegners sei ein Zusammenleben mit ihm unzumutbar, hat die Antragstellerin beantragt,

ihr für die Dauer des Getrenntlebens die eheliche Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Der Antragsgegner ist diesem Begehren entgegengetreten.

Die Vermieterin hat erklärt, sie überlasse es dem Gericht, wem die eheliche Wohnung zugewiesen werde.

Das Familiengericht hat die beteiligten Eheleute angehört und deren Tochter, die Feinmechaniker in …, mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 27. November 1986 ersichtlichen Ergebnis als Zeugin vernommen. Sodann hat es mit Beschluß vom 2. Dezember 1986 den „Antrag der Antragsteller in auf Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung” zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, die Voraussetzung einer Zuteilung der Ehewohnung unter Ausschluß des anderen Ehegatten sei nicht dargetan, weil nicht vorgetragen sei, daß ein Getrenntleben in der Ehewohnung nicht möglich und nicht zumutbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diese ihr zu Händen ihrer Bevollmächtigten am 15. Dezember 1986 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragsteiler in mit ihrer beim Oberlandesgericht am 8. Januar 1987 eingegangenen sogenannten sofortigen Beschwerde, die sie gleichzeitig begründet hat. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes vom 22. Dezember 1986, des weiteren Schriftsatzes von diesem Tage samt Anlage und des ergänzenden Schriftsatzes vom 3. Februar 1987 Bezug genommen. Der Antragsgegner ist dem Beschwerdevorbringen nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 11. Februar 1987 entgegengetreten.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist als befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO statthaft. Verfahrensrechtlich ist es nicht zu beanstanden, mithin zulässig. Es hat insbesondere durch einen beim Oberlandesgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden können, weil selbständige Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, worum es sich beim Verfahren zur Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung handelt, auch in der Beschwerdeinstanz nicht dem Anwaltszwang unterliegen (vgl. zuletzt BGH FamRZ 1987, 56, 57 re. Sp.). In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, mit welcher „der Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung” zurückgewiesen worden ist, das Begehren der Antragsteller in verfahrensrechtlich nicht in vollem Umfange erledigt. Darin liegt ein Verfahrensverstoß, der in entsprechender Anwendung des in § 539 ZPO niedergelegten Pechtsgedankens zur Aufhebung und Zurückverweisung führt. Im einzelnen gilt folgendes:

Nach der durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 neu eingeführten Bestimmung des § 1361 b BGB kann in Fällen der bereits eingetretenen oder beabsichtigten Trennung ein Ehegatte verlangen, daß ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überläßt, soweit dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden (Hervorhebung hinzugefügt). Eine entsprechende gerichtliche Regelung, die verfahrensmäßig nach den Regeln der Sechsten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom 21. Oktober 1944 (HausrVO) zu treffe...

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