Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungsunterhalt: Bedürftigkeit des volljährigen Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Ein volljähriges Kind ist grundsätzlich verpflichtet, seinen Unterhaltsbedarf in der Zeit zwischen Beendigung des Zivildienstes und des Beginns einer Ausbildung durch Aufnahme einer Aushilfstätigkeit selbst zu decken. Wird in diesem Zeitraum ein - nicht vergütetes - Praktikum absolviert, so rechtfertigt dies einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nur soweit und solange, wie das Praktikum für die Berufsausbildung vorgeschrieben ist. Die aus Ausbildungsgründen nicht erforderliche Verlängerung eines solchen Praktikums ist unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen.

 

Normenkette

BGB § § 1601 ff., § 1602 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Neustadt an der Weinstraße (Beschluss vom 16.03.2006; Aktenzeichen 1 F 359/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der angefochtene Beschluss teilweise geändert:

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt, soweit er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts von 103 EUR für die Zeit von September 2005 bis Februar 2006 begehrt.

Im Übrigen wird sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgewiesen.

II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller hat die Hälfte der in Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses zum GKG angesetzten Festgebühr zu tragen.

 

Gründe

I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG - FamG - Neustadt an der Weinstraße dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage, mit der er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Ausbildungsunterhaltes von 352 EUR ab Juli 2005 verfolgen wollte, insgesamt wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht verweigert.

Die seitens des Antragstellers hiergegen erhobene sofortige Beschwerde, über die der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung befindet, ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insb. form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

In der Sache führt das Rechtsmittel lediglich zu einem Teilerfolg in dem sich aus Ziff. 1 des Entscheidungssatzes ergebenden Umfang.

1. Die vom Kläger behauptete Alleinhaftung des Beklagten für seinen Barunterhaltsanspruch macht die Klage entgegen der Auffassung des FamG nicht insgesamt unschlüssig. Vielmehr ist - unter Zugrundelegung der für die Beurteilung der jeweiligen Unterhaltsverpflichtung beider Elternteile maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - zu prüfen, inwieweit ein Unterhaltsanspruch des Klägers ggü. dem Beklagten besteht. Nur soweit ein solcher nach der im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens gebotenen summarischen Prüfung - aus welchen Gründen auch immer - nicht gegeben ist, ist das Klagebegehren unbegründet und demzufolge die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu versagen.

2. Ein Unterhaltsanspruch des Klägers gegen den Beklagten besteht nach Aktenlage lediglich für die Zeit von September 2005 bis Februar 2006.

Für die Monate Juli und August 2005 hat das FamG zureffend eine Unterhaltsbedürftigkeit des Klägers verneint, weil dieser nicht außerstande gewesen ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB). Der volljährige Kläger wäre gehalten gewesen, seinen Unterhaltsbedarf in dieser Zeit durch Einkünfte aus Aushilfstätigkeit selbst zu decken. Die Beendigung des Zivildienstes zum 30.6.2005 war ihm bereits lange vorher bekannt; er hätte sich deshalb frühzeitig um eine Arbeitsstelle bemühen müssen, aus deren Einkünften er seinen Unterhaltsbedarf für die Zeit bis zum Beginn der Berufsausbildung bzw. des Berufspraktikums hätte decken können.

Gleiches gilt auch für die Zeit ab Beendigung des zur Erlangung der Fachhochschulreife erforderlichen Praktikums Ende Februar 2006 bis zum Beginn der Ausbildung im August 2006. Eine Verlängerung des - nicht vergüteten - Praktikums bis Ende Juli 2006 ist unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen. Der Kläger war bzw. ist gehalten, in dieser Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit deren Einkünften er seinen Unterhaltsbedarf sicherstellen kann. Dass der Erhalt des Ausbildungsplatzes an die Verlängerung des (nicht vergüteten) Praktikums geknüpft gewesen sei, ist nicht dargetan und dürfte zudem rechtlich bedenklich sein.

Fortbestehende Bedürftigkeit ab August 2006 ist nicht dargetan. Der Kläger wird dann eine Ausbildungsvergütung erhalten, zu deren Höhe er keinen Vortrag gehalten hat. Der Ausbildungsvertrag ist nicht vorgelegt.

Unterhaltsbedürftigkeit besteht danach nur für die Zeit vom September 2005 bis Februar 2006, während der der Kläger das zur Erlangung der allgemeinen Fachhochschulreife vorgeschriebene Berufspraktikum absolviert hat. Während dieser Zeit konnte der Kläger seinen Unterhaltsbedarf nicht durch eigene Einkünfte decken. Dass rückschauend die Erforderlichkeit für dieses Praktikum entfallen ist, nachdem der Kläger das zunächst ...

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