Leitsatz (amtlich)

Die Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Vertretung in Behördenangelegenheiten" ermächtigt diesen nicht zur Vertretung des Betroffenen im Ehescheidungsverfahren.

 

Normenkette

BGB § 1896 Abs. 2; FamFG § 286 Abs. 1 Nr. 1, § 125 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 5a F 156/01)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde, über die der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, wird als unzulässig verworfen.

II. Rechtsanwältin ... hat die in Nr. 1912 des KostVerz. zu § 3 Abs. 2 FamGKG angesetzte Festgebühr des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die für den Antragsteller eingelegte Beschwerde der Rechtsanwältin ... vom 15.12.2010 ist unzulässig, weil eine wirksame Bevollmächtigung der handelnden Rechtsanwältin nicht gegeben ist. Die Beschwerde ist deshalb zu verwerfen (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 572 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO, Art. 111 Abs. 3 und 5 FGG-RG).

Beschwerde in der vorliegenden Konstellation kann nur die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe begehrende Partei einlegen, nicht hingegen der Rechtsanwalt, dessen Beiordnung abgelehnt worden ist (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 127 Rz. 12). Da Frau Rechtsanwältin ... ausweislich ihres schriftsätzlichen Vorbringens davon ausgeht, dass sie wirksam bevollmächtigt worden ist, für den Antragsteller das Scheidungsverfahren zu betreiben, ist davon auszugehen, dass die Beschwerde für den Antragsteller eingelegt worden ist.

Eine wirksame Bevollmächtigung durch den Antragsteller kann aber nicht festgestellt werden. Soweit Frau Rechtsanwältin ... mitteilt, sie sei durch den Betreuer des Antragstellers Herrn Rechtsanwalt T. beauftragt worden, kann von einer wirksamen Beauftragung nicht ausgegangen werden. Denn der genannte Betreuer war zu einer Auftragserteilung dahingehend, den Antragsteller im anhängigen Ehescheidungsverfahren zu vertreten, nicht befugt. Ausweislich des Beschlusses des AG Ludwigshafen am Rhein vom 14.10.2009 - 8c XVII 387/09 ist Rechtsanwalt T. als Berufsbetreuer zum Betreuer des Antragstellers bestellt worden. Der für ihn festgelegte Aufgabenkreis umfasst aber nicht die Vertretung in dem vorliegenden Scheidungsverfahren.

Soweit insoweit die Auffassung vertreten wird, auch ein solches Verfahren falle unter die in dem genannten Beschluss als Aufgabenkreis angegebenen -Behördenangelegenheiten-, kann dem nicht gefolgt werden.

Der Aufgabenkreis des Betreuers ist vom Betreuungsgericht (früher: Vormundschaftsgericht) im Beschluss zur Betreuerbestellung ausdrücklich festzulegen, § 286 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Die Festlegung muss in einer verständlichen und klaren Weise formuliert sein. Es ist dabei so konkret wie möglich zu formulieren (vgl. z.B. Schwab in MünchKomm, BGB, 5. Aufl., § 1896 Rz. 62).

Ausgehend hiervon ist als Aufgabe in diesem Sinne, die Vertretung in dem jeweiligen Ehescheidungsverfahren zu bestimmen. Die Personensorge des Betreuers reicht zu einer Vertretung in diesem Verfahren wegen der Regelung der Folgen grundsätzlich nicht aus (vgl. z.B. Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht Kommentar 4. Aufl., § 1896 Rz. 133 -Ehe, Ehescheidung, Scheidungsfolgen, Aufhebungsklage-). Die Aufgabe -Vertretung vor Gericht- wird insoweit nicht schon durch den Aufgabenkreis -Vertretung gegenüber Behörden- erfasst. Gerichte sind grundsätzlich keine Behörden, d.h. Amtsstellen öffentlicher Verwaltung (vgl. Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O., § 1896 Rz. 133 -Vertretung vor Gericht-).

Zu berücksichtigen ist auch, dass in Ehesachen ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte als verfahrensfähig behandelt wird (§ 125 Abs. 1 FamFG). Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird das Verfahren durch den gesetzlichen Vertreter geführt, wobei dieser für den Scheidungsantrag der Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts bedarf (§ 125 Abs. 2 FamFG).

Dies bedeutet, dass die Vertretung eines Ehegatten durch einen Betreuer im Scheidungsverfahren nur für den Fall vorgesehen ist, dass dieser Ehegatte geschäftsunfähig ist (vgl. Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O., § 1896 Rz. 133 -Ehe, Ehescheidung, Scheidungsfolgen, Aufhebungsklage-).

Dieser Befund spricht dagegen, dass ein entsprechender Aufgabenkreis bereits allein durch die Beschreibung -Behördenangelegenheiten- erfasst wird. Dementsprechend wird empfohlen, die Vertretung in dem jeweiligen Ehescheidungsverfahren ausdrücklich als konkrete Aufgabe zu bestimmen (s. Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O.).

Soweit das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 30.6.1995 (Rpfleger 1996, 81) den Aufgabenkreis -Behördenangelegenheiten des Betreuten- als ausreichend ansieht, um dem Betreuer ein eigenes Beschwerderecht gegen eine die Bewährungszeit zum Nachteil des Betreuten verlängernde gerichtliche Entscheidung zu gewähren, kann daraus für den vorliegenden Fall nicht hergeleitet werden. Insoweit handelt es sich um einen ande...

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