Verfahrensgang

AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 14.02.2014; Aktenzeichen Grundbuch von D. Bl...)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG - Grundbuchamt - Bingen am Rhein vom 14.2.2014 aufgehoben und das AG - Grundbuchamt - Bingen am Rhein angewiesen, über den Grundbuchberichtigungsantrag unter Beachtung der Rechtsansicht des Senats neu zu befinden.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist die Witwe des am 2.5.2012 gestorbenen und im Grundbuch zusammen mit ihr zu je ½ - Anteil eingetragenen Eigentümers des vorbezeichneten Grundstücks. Die Eheleute hatten am 29.3.2012 einen notariellen Erbvertrag geschlossen, durch den sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten, wobei sie sich das Recht eines jederzeitigen und nicht von Bedingungen abhängigen Rücktritts von dem Erbvertrag vorbehielten. Der Erbvertrag wurde am 15.5.2012 durch das Nachlassgericht eröffnet.

Mit Mitteilung vom 11.6.2012 unterrichtete die Nachlassabteilung des AG das Grundbuchamt von dem Erbfall unter Übersendung von Abschriften des Eröffnungsprotokolles sowie des mit einem Eröffnungsvermerk versehenen Erbvertrages.

Nach entsprechender Aufforderung durch das Grundbuchamt hat die Beteiligte unter Bezugnahme auf den Inhalt der Nachlassakte unter dem 5.2.2014 die Grundbuchberichtigung beantragt, wonach sie nunmehr alleinige Eigentümerin des Grundstücks sei.

Mit Zwischenverfügung vom 14.2.2014 hat das Grundbuchamt der Beteiligten aufgegeben, entweder den nicht erfolgten Rücktritt vom Erbvertrag in notarieller Urkunde eidesstattlich zu versichern oder einen Erbschein vorzulegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die er dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

2. Die Beschwerde ist begründet. Im Einzelnen gilt folgendes:

a) Ist das Grundbuch durch den Tod des eingetragenen dinglich Berechtigten unrichtig geworden, ist es nach § 22 GBO zu berichtigen. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt dabei grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen. Beruht die Erbfolge - wie hier - auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt jedoch anstelle eines Erbscheines zunächst die Vorlage dieser Urkunde sowie der Eröffnungsniederschrift. Erachtet das Grundbuchamt sodann die Erbfolge alleine durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO wiederum die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.

b) Der Senat stimmt mit dem Rechtspfleger im Ausgangspunkt darin überein, dass das Grundbuchamt grundsätzlich berechtigt ist, außer den in § 35 GBO ausdrücklich erwähnten Urkunden auch die Vorlage anderer Dokumente zu verlangen, insbesondere eine vor einem Notar abgegebene, eidesstattliche Versicherung betreffend den Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses. Dass der Nachweis erbfolgerelevanter, insbesondere negativer Tatsachen auch durch andere Urkunden geführt werden kann, entspricht der in der Rechtsprechung einhellig vertretenen Auffassung (vgl. BayObLG, FamRZ 2001, 43 m.w.N.; OLG Frankfurt, FamRZ 2014, 339 m.w.N.).

Ob eine solche Beweisführung im Besonderen dann erforderlich und geboten ist, wenn - wie hier - eine in einer öffentlichen Urkunde enthaltene letztwillige Verfügung einen Rücktrittsvorbehalt enthält, ist in Rechtsprechung und Literatur hingegen umstritten. Die Erforderlichkeit des Nachweises des nichterfolgten, vertraglich vorbehaltenen Rücktritts vom Erbvertrag bejaht hat das OLG München (FamRZ 2012, 1007), verneint hingegen das OLG Düsseldorf (FamRZ 2013, 195; zum Streitstand vgl. auch Litzenburger, FD-ErbR 2013, 346364).

c) Wie diese Rechtsfragen generalisierend zu beantworten ist, kann der Senat im hier zu entscheidenden Fall offen lassen. Eines wie auch immer zu führenden, weiter gehenden Nachweises bedarf es in der vorliegenden Fallkonstellation jedenfalls dann nicht, wenn die Antragstellerin - wie hier - zulässigerweise zum Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit Bezug nimmt auf den Inhalt der Nachlassakte. Insoweit gilt folgendes:

Es ist anerkannt, dass der die Berichtigung des Grundbuchs beantragende Erbe die Erbfolge nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht nur durch Vorlegung der letztwilligen Verfügung oder des Erbscheins führen kann, sondern diese Vorlegung durch Verweisung auf die Nachlassakten ersetzen kann, wenn diese beim selben AG geführt werden (BGH NJW 1982, 170; Thüringer OLG, Beschluss vom 26.11.2013, 9 W 568/13, juris, BeckOK GBO/Kral GBO § 10 Rn. 5). So liegt der Fall hier. Die Beteiligte hat zum Nachweis der erbfolgerelevanten Urkunden auf die bei demselben AG geführte Nachlassakte verwiesen.

Ob von dem erbvertraglich eingeräumten Rücktrittsrecht, welches nach § 2296 Abs. 2 Satz 2 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, Gebrauch gemacht wurde, ergibt sich indes aus der Nachlassakte:

Nach § 34a BeurkG übermittelt der Notar na...

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