Leitsatz (amtlich)

Beleidigt ein Mitarbeiter eines Unternehmens in der Erregung einen Handelsvertreter und droht er ihm Schikane an, kann vor einer fristlosen Kündigung eine erfolglose Abmahnung erforderlich sein.

 

Normenkette

BGB § 314 Abs. 2; HGB § 89a

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 26.11.2007; Aktenzeichen 4 O 134/07)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Ravensburg vom 26.11.2007 - 4 O 134/07, wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Tenors lautet:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Vermögensschaden zu ersetzen, der dieser aus der rechtsgrundlos ausgesprochenen fristlosen Vertragskündigung vom 14.8.2006 in dem Umfang entstanden ist, in dem der Beklagte für die Klägerin entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen bis 31.3.2007 nicht mehr tätig wurde.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Streitwert des Verfahrens in erster und zweiter Instanz: 24.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Beklagte hatte den Versicherungsvertreter-Vertrag mit der Klägerin mit Schreiben vom 19.7.2006 ordentlich zum 31.3.2007 gekündigt. Aus diesem Anlass erfolgte am 1.8.2006 ein Telefonat zwischen dem Filialdirektor der Klägerin, Herrn T., und dem Beklagten. Form und Inhalt dieses Gesprächs sind streitig. Mit Schreiben vom 14.8.2006 kündigte der Beklagte fristlos mit der Behauptung, Herr T. habe ihm gegenüber Beleidigungen und Drohungen ausgesprochen. Die Z. Vertriebs GmbH, Direktion B., kündigte hierauf mit Schreiben vom 13.9.2006 das Vertragsverhältnis wegen der nach ihrer Auffassung unberechtigten fristlosen Kündigung des Beklagten ihrerseits fristlos. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Ravensburg vom 26.11.2007 - 4 O 134/07 verwiesen.

Mit dieser Entscheidung hat das LG Ravensburg der Klage auf Feststellung, dass der Vertretervertrag durch die fristlose Kündigung vom 14.8.2006 nicht beendet worden sei und der Beklagte verpflichtet sei, den aus der unwirksamen fristlosen Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen, stattgegeben. Der Beklagte habe einen Grund für eine fristlose Kündigung nicht beweisen können. Die Zeugin V. habe die einzelnen Worte des Zeugen T. in dem Telefonat vom 1.8.2006 nicht verstehen können. Die behaupteten beleidigenden Äußerungen des Zeugen T. seien damit nicht bewiesen. Aus den Angaben des Zeugen R., dem der Zeuge T. nachträglich erklärt haben solle, er sei bei dem Telefongespräch mit dem Beklagten vom 1.8.2006 etwas ausfällig und laut geworden, lasse sich nichts ableiten. Der Zeuge R. habe die Einzelheiten des Gesprächs nicht wiedergeben können. Daher sei die Feststellung, dass durch die fristlose Kündigung des Beklagten das Vertragsverhältnis nicht beendet worden sei, berechtigt.

Durch das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung vom 14.8.2006 und seiner Arbeitseinstellung sei es der Klägerin nicht mehr zumutbar gewesen, das Vertragsverhältnis fortzusetzen. Der Beklagte habe unmittelbar nach seiner fristlosen Kündigung die Tätigkeit für die Klägerin eingestellt und in seinem Ladenlokal Reklameschilder und Werbeschriftzüge eines Konkurrenzunternehmens angebracht. Erst danach habe die Klägerin Unterlagen und Geräte beim Beklagten abgeholt. Die Z. Vertriebs GmbH sei seit dem 1.1.2005 von der Klägerin bevollmächtigt gewesen, Kündigungen eines Vertretervertrages auszusprechen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten. Die Beweiswürdigung des LG stehe nicht im Einklang mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Angaben des Zeugen T. seien durch die Zeugen V. und R. widerlegt. So habe die Zeugin V. bezeugt, dass der Beklagte dem Anrufer mitgeteilt habe, dass er sich nicht als Betrüger und Lügner darstellen lassen wolle. Nachdem die Zeugin V. die Lautstärke der Äußerungen des Zeugen T. wahrgenommen habe, liege in den damit verbundenen unflätigen Beleidigungen ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses. Dem Beklagten sei es auch nicht zumutbar gewesen, das Vertragsverhältnis noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Im Übrigen habe die Klägerin im Oktober 2006 sämtliche Arbeitsmaterialien, Datenbestände und Akten beim Beklagten abgeholt. Danach sei eine Akquisitionstätigkeit für die Klägerin und damit das Vermeiden eines Schadensersatzanspruches nicht mehr möglich gewesen. Die Berufung auf einen Schadensersatzanspruch verstoße daher gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB.

Der Beklagte beantragt:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Ravensburg vom...

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