Leitsatz (amtlich)

1. Ein Mittelverwendungskontrollvertrag entfaltet jedenfalls dann Schutzwirkung für Anleger, wenn der Vertrag im Emissionsprospekt abgedruckt ist und der Mittelverwendungskontrolleur hiervon Kenntnis hat.

2. Der Mittelverwendungskontrolleur ist aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag nicht verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen, dass er das Prospektprüfungsgutachten erstellt hat.

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 13.01.2011)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Rottweil vom 13.1.2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 30.000 EUR.

 

Gründe

1. Die Klägerin verlangt nach einem gescheiterten Anlagemodell von der als Prospektprüferin tätigen und mit der Mittelverwendungskontrolle befassten beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schadensersatz.

Im Dezember 2003 wurde die M. (im Folgenden M. I) gegründet. Gründungsgesellschafterin waren die D. P. M. AG als Komplementärin und die G. B. GmbH (im Folgenden G.) als Kommanditistin mit einem Anteil von 500 EUR. Gegenstand des Unternehmens sollte insbesondere der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren und Fondsanteilen sowie die Beteiligung im Bereich Private Equity als direkte Investitionen jeweils im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sein. Die M. I plante, von privaten Anlegern als Kommanditkapital 200 Mio EUR. einzuwerben. Das Kapital der Anleger sollte von der G. als Treuhänderin gehalten werden. Als Emissionsdienstleistungsgesellschaft war die D. D. V ... AG (im Folgenden D.) eingeschaltet.

Die Beklagte bestätigte am 17.12.2003 einen ihr von der M. I erteilten Auftrag, den Emissionsprospekt gemäß dem IDW-Standard zu beurteilen. Sie kam in ihrem Gutachten vom 26.5.2004 zu dem Ergebnis, der Prospekt enthalte mit hinreichender Sicherheit die für die Entscheidung des Anlegers wesentlichen Aspekte der Kapitalanlage richtig, vollständig und verständlich. Für die Prospektprüfung erhielt die Beklagte von der M. I eine Vergütung i.H.v. 98.600 EUR. Darüber hinaus schloss die Beklagte mit dem M. I auch einen Mittelverwendungskontrollvertrag, der am 31.12.2004 endete. Danach sollten die Mittel der Anleger auf einem Undkonto eingezahlt werden, über das die M. I nur mit Zustimmung der Beklagten verfügen durfte. Die Beklagte durfte Mittel nur freigeben, wenn die in Ziff. 2 des Vertrages geregelten Voraussetzungen erfüllt waren. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den im Prospekt auf S. 103 f. abgedruckten Vertrag verwiesen (Bl. 241 f. d. Akte). Die Beklagte erhielt für die Mittelverwendungskontrolle eine Vergütung i.H.v. 133.800 EUR.

Die Klägerin zeichnete am 13.10.2004, ohne dass ihr der Prospekt bzw. das Prospektprüfungsgutachten bekannt waren, eine Beteiligung an der M. I für die Dauer von 30 Jahren. Es sollte eine Einmalanlage von 3.000 EUR zzgl. 150 EUR Agio und monatlichen Zahlungen von 100 EUR zzgl. 5 % Agio bezahlt werden. Die Beteiligung über nominal insgesamt 40.950 EUR wurde am 25.10.2004 angenommen. Die Klägerin bezahlte den Einmalbetrag von 3.150 EUR sowie 8 Monatsraten zu je 105 EUR, mithin insgesamt 3990 EUR.

Mit Schreiben vom 26.10.2004 teilte die BaFin der M. I mit, dass sie die Geschäftstätigkeit als unzulässiges Betreiben eines Finanzkommissionsgeschäfts i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 4 Nr. 4 KWG ansehe. Daraufhin legte der M. I am 27.10.2004 einen geringfügig geänderten Emissionsprospekt auf. Nach Erörterungen zwischen Mitarbeitern der BaFin und der M. I hat die BaFin schließlich mit Verfügung vom 15.6.2005 die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Bankgeschäfte angeordnet und Rechtsanwalt H. zum Abwickler bestellt. Der Abwickler stellte am 2.8.2005 Insolvenzantrag, woraufhin am 15.9.2005 über das Vermögen der M. I das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Die Klägerin hat vorgetragen, im Prospekt seien Tatsachen, Umstände und Risiken im Zusammenhang mit der Beteiligung nicht, nicht richtig oder irreführend dargestellt. Das Geschäftsmodell sei wegen verbotswidrigen Betreibens eines nach KWG erlaubnispflichtigen Geschäftes nicht durchführbar gewesen. Kosten für den Vertrieb seien als Investitionen in die Vertriebsorganisation der I. GmbH & Co. (im Folgenden I.) verschleiert worden. Entgegen der Aussage im Prospekt habe diese Gesellschaft von Beginn der Tätigkeit an kein Vollsortiment von konkurrenzfähigen Finanzprodukten anbieten können. Vielmehr sei zunächst ein hoher finanzieller Aufwand erforderlich gewesen, um Vertriebsmitarbeiter zu werben. Indes seien entgegen den Angaben im Prospekt keine Exklusivvertreter geworben worden, sondern - wie von Anfang an geplant - Mehrfachagenten, weshalb...

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