Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Inanspruchnahme einer Bankgarantie durch den Sicherungsnehmer kann sich der Sicherungsgeber im Wege einer Einstweiligen Verfügung wehren.

2. Der Einwand, die Garantie werde in rechtsmissbräuchlicher Weise nach § 242 BGB in Anspruch genommen, hat die Verfügungsklägerin liquide zu beweisen. Eine bloße Glaubhaftmachung nach § 920 Abs. 2 ZPO reicht nicht aus.

3. Welche Ansprüche durch eine Vorauszahlungsgarantie gesichert werden, ist nach §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ohne eine vertragliche Beschränkung des Sicherungszwecks sichert eine Vorauszahlungsgarantie auch Rückerstattungsansprüche des Bestellers, die sich aus einer Minderung des Wertes des Werkes aufgrund von Mängeln in Höhe der Mängelbeseitigungskosten (Vorschuss, Erstattung oder Schadensersatz) ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.2010 - VII ZR 206/09, BGHZ 188, 8 - 19, juris Rz. 14 zu § 7 Makler- und Bauträger-Verordnung).

 

Normenkette

BGB § 242; ZPO § 920 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 20.08.2014; Aktenzeichen 27 O 214/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 20.8.2014 - 27 0 214/14 - abgeändert und die einstweilige Verfügung des LG Stuttgart vom 1.7.2O14 - 27 0 214/14 - aufgehoben. Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Verfügungsklägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen.

Streitwert für beide Instanzen: 681.331,31 EUR

 

Gründe

Die Verfügungsklägerin, ein in Slowenien ansässiges Bauunternehmen, begehrt Schutz gegen die Inanspruchnahme einer Garantie auf erstes Anfordern durch die Verfügungsbeklagte.

Die Verfügungsklägerin wurde von der Verfügungsbeklagten im Juni 2012 mit den Gewerken Raumlufttechnik, Kälteanlagen und Heizung betreffend dem Bauvorhaben "Neubau Hochtaunuskliniken Bad H. und U." zu einem Pauschalpreis von 24.597.355 EUR beauftragt.

Die Verfügungsklägerin stellte der Verfügungsbeklagten als Sicherheit eine Vorauszahlungsgarantie der U-Bank AG auf erstes Anfordern vom 25.7.2012 über 4.919.417 EUR (vgl. Anlage Ast. 6) und die streitgegenständliche Garantie der U-Bank AG auf erstes Anfordern vom 27.7.2012 i.H.v. 2.459.000 EUR zur Absicherung von Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchen (vgl. Anlage Ast. 7), wobei beide Garantien jeweils bis zum 1.7.2014 befristet waren. Mit Schreiben vom 27.1.2014 (Anlage Ast 13) forderte die Verfügungsbeklagte die U-Bank AG hinsichtlich eines Betrages von 1.815.006,08 EUR unter Verweis auf die Vorauszahlungsgarantie vom 25.7.2012 und hilfsweise unter Verweis auf die streitgegenständliche Vertragserfüllungsgarantie vom 27.7.2012 zur Zahlung auf. Da die Vorauszahlungsgarantie zu diesem Zeitpunkt bereits auf einen Höchstbetrag von 1.400.000 EUR reduziert worden war, leistete die U-Bank AG aus dieser 1.400.000 EUR und aus der streitgegenständlichen Garantie 415.006,08 EUR, so dass sich letztere rechnerisch auf einen Betrag von 2.043.993,92 EUR reduzierte. Mit Schreiben vom 26.6.2014 forderte die Verfügungsbeklagte unter Berufung auf die streitgegenständliche Garantie die U-Bank AG zur Zahlung des Restbetrages von 2.043.993,92 EUR auf mit der Begründung, ihr stünden aus dem Vertrag gesicherte Ansprüche i.H.v. insgesamt 6.357.464,03 EUR zu. Die U-Bank AG zahlte hierauf an die Verfügungsbeklagte den geforderten Garantiebetrag von 2.043.993,92 EUR. Der Betrag wurde am 1.7.2014 dem Konto der Verfügungsbeklagten gutgeschrieben.

Die Verfügungsklägerin hat am 30.6.2014 im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, der Verfügungsbeklagten zu untersagen, die U-Bank AG aus der streitgegenständlichen Garantie auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Das LG Stuttgart hat mit Beschluss vom 1.7.2014 hierauf im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird, Leistungen der U-Bank AG aus der streitgegenständlichen Garantie in anderer Form als durch Hinterlegung beim AG Stuttgart entgegen zu nehmen und dass hierauf geleistete Zahlungen, soweit diese seit dem 27.6.2014 bereits eingegangen sind oder noch eingehen werden, zu hinterlegen sind.

Der Beschluss ist der Verfügungsbeklagten am 2.7.2014 zugestellt worden. Die Verfügungsbeklagte hatte hierauf unter Verweis auf die vom LG Stuttgart am 1.7.2014 erlassene einstweilige Verfügung beim AG Stuttgart am 4.7.2014 den erhaltenen Betrag von 2.043.993,92 EUR hinterlegt (HL 388/14).

Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat das LG mit dem angefochtenen Urteil vom 20.8.2014 die einstweilige Verfügung insoweit aufrechterhalten, dass ein Teilbetrag von 989.307,95 EUR hinterlegt bleibt und der Restbetrag von 1.054.685,97 EUR an die Verfügungsbeklagte auszuzahlen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Stuttgart vom 20.8.2014 - 27 O 214/14 - Bezug genommen.

Das LG führte zur Begründung seiner Entscheidung vom 2...

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