Leitsatz (amtlich)

Der Auftraggeber einer Garantie auf erstes Anfordern hat gegen seine Bank keinen Anspruch auf Unterlassung der Garantiezahlung.

 

Normenkette

ZPO § 935; BGB §§ 665, 670, 675

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 13.01.2012; Aktenzeichen 8 O 154/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 13.1.2012 hinsichtlich Ziff. 1 und 3 des Urteilstenors abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung der 8. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 19.4.2011 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte zu 3 wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Wert der Berufung: 410.684,08 EUR

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung, ihrer Bank, der Verfügungsbeklagten zu 3, zu untersagen, eine Auszahlung auf Grund einer Garantie auf erstes Anfordern vorzunehmen, die sie im Auftrag der Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 übernommen hat.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Das LG hat die einstweilige Verfügung, mit der der Verfügungsbeklagten zu 3 untersagt wurde, an die Verfügungsbeklagte zu 1 den Garantiebetrag zu zahlen, aufrechterhalten. Es hat nach ausführlicher Darstellung und Würdigung der hierzu vertretenen unterschiedlichen Rechtsmeinungen die Auffassung vertreten, dass der Verfügungsklägerin als Garantieauftraggeberin ein Anspruch auf Unterlassung der Auszahlung zustehe. Wenn offensichtlich oder liquide beweisbar eine Inanspruchnahme einer Garantie fehlerhaft sei, sei die Garantin an eine Weisung ihrer Auftraggeberin, die Garantie nicht auszuzahlen, gebunden. Weisungen, die sich auf den Prüfungsrahmen der Garantin bezögen, seien zulässig, solange sie der Funktion oder dem Wesen der Garantie auf erstes Anfordern nicht widersprächen. In diesen Fällen sei die Garantin im Verhältnis zum Garantieauftraggeber verpflichtet, die Zahlung zu verweigern. Diese Pflicht müsse mit einem gegenläufigen Anspruch des Garantieauftraggebers auf Unterlassung korrespondieren, um die Verpflichtung wirksam durchzusetzen. Die Weisung sei zu Recht ergangen. Die Zahlungsaufforderung der Verfügungsbeklagten zu 1 sei formal fehlerhaft. Sie sei aufgrund des Garantievertrages verpflichtet gewesen zu erklären, dass sie aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin ihrerseits eintrittspflichtig geworden sei. Diese Erklärung habe sie zu keiner Zeit abgegeben. Die Garantie habe sich gerade dadurch ausgezeichnet, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 ihrerseits aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin in Anspruch genommen worden sei. Das Fehlen der formalen Voraussetzungen sei offensichtlich.

Das Urteil des LG ist der Verfügungsbeklagten zu 3 am 18.1.2012 und der Verfügungsbeklagten zu 1 am 23.1.2012 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 17.1.2012, am selben Tag bei Gericht per Fax und unter Beifügung einer Urteilskopie eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten zu 1 "namens der Verfügungsbeklagten zu 1 und Nebenintervenientin" Berufung eingelegt. In dem Rubrum der Berufungsschrift hat sie ihrer Partei die Bezeichnung "Verfügungsbeklagte zu 1, Nebenintervenientin und Berufungsklägerin" beigefügt. Die Verfügungsbeklagte zu 3 hat sie lediglich als "Verfügungsbeklagte zu 3" bezeichnet. Mit Verfügung vom 5.3.2012 wurde der Verfügungsbeklagten zu 1 antragsgemäß die Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.4.2012 verlängert. An diesem Tag ist die Berufungsbegründungsschrift per Telefax eingegangen. Die Verfügungsbeklagte zu 1 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das LG habe zu Unrecht und entgegen der herrschenden Meinung einen Unterlassungsanspruch des Garantieauftraggebers gegen seine Garantie gewährende Bank angenommen. Bei einer formell fehlerhaften Inanspruchnahme nehme selbst die Mindermeinung keinen Unterlassungsanspruch an. Im Übrigen sei die Inanspruchnahme nicht formell fehlerhaft. Das LG habe die Voraussetzungen nicht richtig erkannt. Die Verfügungsbeklagte zu 1 als Begünstigte habe lediglich erklären müssen, dass sie ein Bestätigungsschreiben der Vertragspartei mit dem definierten Umfang erhalten habe. Die Inanspruchnahme sei nicht offensichtlich oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich.

Die Verfügungsbeklagten zu 1 und 3 beantragen:

Das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 13.1.2012 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Stuttgart (8 O 154/11) vom 19.4.2011 wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, weil die Verfügungsbek...

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