Leitsatz (amtlich)

1. Die Verwertung einer heimlichen Aufzeichnung eines Telefonats im Zivilprozess ist grundsätzlich unzulässig. Das Interesse, ein Beweismittel zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu schaffen, genügt für eine Ausnahme nicht.

2. Anforderungen an den sog. "Anfangsbeweis" oder "Anbeweis" für Parteivernehmung nach § 448 ZPO.

BGH NJW 1988, 1016; BVerfG NJW 2002, 3619

 

Normenkette

ZPO § 448

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 16.07.2009; Aktenzeichen 9 O 149/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 16.7.2009 - Az. 9 O 149/08 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 100.000 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung von 100.000 EUR, die er diesem als Anzahlung für einen Grundstückskauf übergeben haben will.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Stuttgart vom 16.7.2009 - 9 O 149/08, Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat nach einer Parteivernehmung des Beklagten, der Vernehmung der Zeugen K., G. und Ü. sowie der Einholung von zwei Sachverständigengutachten zu der Frage, ob sich Fingerabdrücke des Beklagten auf der vom Kläger vorgelegten Kaufvertragskopie befinden und zu der Frage, ob es sich bei dieser Kaufvertragskopie um die Originalkopie einer anderen Urkunde handelt, die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass es sich nicht die volle Überzeugung habe bilden können, dass die Behauptung des Klägers hinsichtlich der Übergabe von 100.000 EUR an den Beklagten wahr ist. Zwar habe der Zeuge K. die diesbezüglichen Angaben des Klägers bestätigt. Es verblieben aber Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage dieses Zeugen, der in einem gewissen Näheverhältnis zum Kläger stehe. Gegenüber der Schilderung des Klägers zusätzliche Details habe der Zeuge ohne Rückfragen des Gerichts in seinen beiden Vernehmungen kaum berichtet. Zu vielen erfragten Details habe er überhaupt keine Angaben machen können. Insgesamt habe sich die Aussage des Zeugen stark an einzelnen, markanten Stichworten orientiert und habe wenig plastisch gewirkt.

Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin Ü., habe zwar die Angaben des Klägers hinsichtlich eines Gespräches, in dem der Beklagte die Rückgabe der 100.000 EUR in Aussicht gestellt haben soll, bestätigt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unglaubwürdigkeit der Zeugin lägen auch nicht vor. Dennoch könne nicht gänzlich außer Betracht bleiben, dass die Zeugin naturgemäß ein eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses habe.

Urkunden, die den Vortrag des Klägers bestätigen könnten, lägen nicht vor. Bei der zu den Akten gereichten Kopie des Kaufvertrages nebst Bestätigung der Geldübergabe sei nach den Ausführungen des Sachverständigen H. davon auszugehen, dass die beiden Unterschriften auf der zweiten Seite hinein montiert wurden und von dieser Vorlage anschließend die vorliegende Kopie gefertigt wurde. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die gefälschte Kopie hergestellt habe, lägen nicht vor. Fingerabdrücke des Beklagten auf dieser Kopie seien durch den Spurensicherungskurzbericht der Polizeidirektion Böblingen nicht nachgewiesen worden.

Der vom Kläger vorgelegte Kontoauszug vom 19.10.2006 belege zwar eine Barabhebung i.H.v. 95.000. EUR Hieraus ergebe sich aber nicht, wie der Kläger das Geld verwendet habe.

Dem Antrag des Klägers, eine heimlich gefertigte Aufzeichnung eines Telefonats mit dem Beklagten abzuspielen, in dem dieser den Empfang des Geldes eingeräumt habe, sei nicht zu entsprechen gewesen, da der Beklagte dem Abspielen widersprochen habe. Ein besonderer Ausnahmefall, in dem eine Güterabwägung dazu führe, dass ausnahmsweise die Verwertung zulässig sei, liege nicht vor.

Dem Vorbringen des Klägers stünden die Angaben des Beklagten bei seiner Parteivernehmung, in der dieser eine Geldübergabe bestritten hat, entgegen. Zwar möge es zutreffend sein, dass das nach dem nachvollziehbaren Vorbringen des Beklagten geplante Geschäft für den Kläger wenig vorteilhaft gewesen wäre. Auf dem fehlenden wirtschaftlichen Vorteil des Klägers allein könne aber nicht die Überzeugung gründen, dass das gesamte Vorbringen des Beklagten unwahr sei.

Die glaubhafte Aussage des Zeugen G. hinsichtlich der Finanzierungsanfrage des Klägers habe weder die Angaben des Klägers noch diejenigen des Beklagten umfänglich bestätigt.

Zweifel an der Darstellung des Klägers hinsichtlich der Übergabe von 100.000 EUR bestünden insbesondere deshalb, weil nicht nachvollziehbar sei, warum der geschäftserfahrene Kläger ein Geschäft bzw. eine Geldübergabe in dieser Größenordnung getätigt haben sollte, ohne sich unmitt...

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