Leitsatz (amtlich)

1. Keine Doppelversicherung gem. § 59 VVG a.F. bei Haftung wegen Aufsichtspflichtverletzung der Mutter des Unfallverursachers und Haftung des Flughafens bei einem Unfall zwischen Flugzeug und Flughafenfahrzeug (Follow-Me-Fahrzeug).

2. Zur Abwägung der Haftungsanteile bei einem entsprechenden Unfall.

 

Normenkette

VVG § 59 a.F., § 78; BGG §§ 249, 254

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Aktenzeichen 6 O 109/06)

 

Tenor

Der Anspruch der Klägerin besteht dem Grunde nach i.H.v. 50 % des geltend gemachten Schadens.

Die Kostenentscheidung wird dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt: 237.500 EUR.

 

Gründe

A.I.1. Die Klägerin macht Regressansprüche nach einem Unfall auf dem Flughafen in X geltend. Die Beklagte traf am 17.10.2004 mit ihren Kindern, ihrer Schwester und ihrer Mutter in einem Learjet Typ 31 A (X) der Fa. XXXXX auf dem Flughafen Friedrichshafen ein. Das Flugzeug war von einem sog. Follow-Me-Fahrzeug des Flughafens zur Parkposition geleitet worden. Anschließend sollten mit diesem Fahrzeug auch die Passagiere und deren Gepäck abtransportiert werden. Während des Beladens geriet das Fahrzeug, das mit laufendem Motor und ohne arretierte Handbremse vor dem Flugzeug geparkt war, nach rückwärts in Bewegung und kollidierte mit dem Flugzeug. Zum Zeitpunkt des Unfalls befanden sich die Söhne ... in dem Fahrzeug, die Beklagte war außerhalb des Fahrzeugs. Der damals vierjährige ... war selbständig ins Fahrzeug eingestiegen. Nach der Kollision wurde festgestellt, dass an der Schaltung ein Sicherungsstift (Sperrklinke der Betätigungseinheit) defekt war, der ein Einlegen des Rückwärtsgangs der Automatikschaltung nur bei gleichzeitigen Betätigen des Bremspedals ermöglichen soll. Durch die Kollision entstand an dem Flugzeug ein erheblicher Schaden, der im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist (Blatt 10, 88, 101, 129, 148-152, 162-163, 184-186, 202-204, K 7). Die Beklagte ist bei der ... haftpflichtversichert. Diese hat mit Schreiben vom 9.9.2005 eine Einstandspflicht abgelehnt (K 8).

Die Klägerin als Haftpflichtversicherer der Flughafenbetreiberin hat mit der Eignerin des Flugzeugs Regulierungsgespräche geführt, die am 3.2.2005 mit einem Vergleich abgeschlossen wurden. Darin wurde die Zahlung von 475.000 EUR vereinbart, im Gegenzug hat die ... der Flughafengesellschaft alle Ersatzansprüche gegen Dritte abgetreten. Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage K 6.

2. Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne die Beklagte gem. § 67 VVG (a.F.) in Regress nehmen, durch die Regulierung seien auch die Ansprüche der ... auf die Klägerin übergegangen (Schriftsatz der Klägerin vom 3.7.2006 S. 2/Blatt 129).

Zur Frage einer Doppelversicherung hat die Klägerin vorgetragen, § 59 Abs. 2 VVG (a.F.) sei nicht anwendbar, da es nicht auf die Identität des versicherten Schadens, sondern auf die Identität des versicherten Interesses an der Gefahr ankomme (Blatt 195-196, 232-233, 253-257). Es sei unrichtig, dass die Beklagte durch den Vergleich aus dem Streit genommen werden sollte. Die Inanspruchnahme sei lediglich auf den Umfang der bestehenden Versicherungsdeckung beziehungsweise eine Haftungshöchstsumme beschränkt worden (Blatt 200-202). Die ... hat in einem Schreiben vom 31.1.2007 mitgeteilt, die Auffassung der Anwälte der Beklagten, es liege ein Fall der Doppelversicherung vor, werde von ihr nicht geteilt. Dementsprechend werde auch in einem späteren Rechtsstreit argumentiert werden, dass kein Fall der Doppelversicherung vorliege (Blatt 262).

Die Klägerin trägt weiter vor, das Kind ... habe den Wählhebel des Automatikgetriebes von "P" (Parken) auf "R" (Rückwärts) umgelegt (Vortrag und Beweisantritt: Blatt 4, 5, 74, 75, 134; laut Zeuge ... habe dieser das Kind beim Sperrhebel stehen sehen). Aus technischer Sicht sei keine andere Unfallursache denkbar, als diejenige, dass der Junge den Schalthebel betätigt habe - andere Unfallursachen seien technisch und tatsächlich unmöglich (Blatt 75, 134). Insbesondere das Beladen könne einen solchen Effekt nicht auslösen, dies gelte auch bei einem defekten Sperrhebel (Blatt 79). Das Fahrzeug sei vor dem Unfall mindestens acht Minuten gestanden (Blatt 5), der Defekt an der Schaltung sei nicht bekannt gewesen (Blatt 6-8, 77), das Fahrzeug regelmäßig gewartet worden (Blatt 6, 132). Ausweislich der Wartungsliste seien die Bremsen etwa neun Monate vor dem Unfallereignis erneuert worden (Blatt 73). Eine Zulassung des Fahrzeugs sei nicht erforderlich (§ 16 StVZO; Blatt 73). Selbst wenn der Sicherungsstift bereits (unerkannt) vor dem Unfall defekt gewesen sei, hätte dies keinen Einfluss auf die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges gehabt (Blatt 77). Wegen der Entfernung des Fahrzeuges und der Stellung der Beklagten an der Spitze der Tragfläche, 8 Meter vom Pkw entfernt, habe diese nicht sehen können, was ihr Kind ... im Fahrzeug macht, sie habe keine Möglichkeit gehabt, die Aufsicht über ihr Kind auszuüben. Vom Aufsichtspflichtigen sei j...

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