Leitsatz (amtlich)

1. Zum Umfang der Rechtskraft bei einem Urteil, das eine Klage als "zumindest derzeit nicht begründet" abweist und hierbei mehrere Anspruchsgrundlagen prüft, von denen nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe alle bis auf eine endgültig abgewiesen werden sollen.

2. Zur Behandlung der erstmals in der Berufung erhobenen Einrede der Verjährung unter dem Blickwinkel des Novenverbots (Fortführung vom BGH, Urt. v. 19.10.2005 - IV ZR 89/05, MDR 2006, 150 = BGHReport 2006, 225).

3. Zum Umfang der Hemmung der Verjährung der unterschiedlichen Ansprüche des Anlegers gegen die eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierende Bank, wenn der Anspruch im Mahnbescheid lediglich mit Bereicherungsansurch gem. Widerruf bezeichnet wird.

4. Zum Beginn des Laufes der Verjährungsfrist beim Rückforderungsdurchgriff.

 

Verfahrensgang

LG Hechingen (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 1 O 107/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Hechingen vom 22.7.2005 (1 O 107/05) wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zu ½.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 65.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren nach der Abweisung einer ersten, auf Rückabwicklung einer ursprünglich bei der Beklagten finanzierten Anlage in einem geschlossenen Immobilienfonds gerichteten Klage durch den BGH als "zumindest derzeit" nicht begründet erneut die Rückabwicklung und berufen sich dazu im Wesentlichen auf die zwischenzeitliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Bereich der fremdfinanzierten Anlagen in geschlossenen Immobilienfonds.

1. Aufgrund eines in der Wohnung der Kläger geführten Werbegespräch mit der Vermittlerin D. von der "Gesellschaft für neutrale Finanzberatung" unterschrieben die Kläger im Beisein der Vermittlerin am 27.5.1992 in ihrer Wohnung folgende Dokumente:

  • eine Erklärung der Verpflichtung zum Beitritt als Gesellschafter zum D.-Fonds Nr. 14, einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR, mit einer Beteiligungssumme von 70.000 DM nebst 5 % Agio
  • ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages nebst Vollmachtserteilung an RA F.
  • einen bereits vollständig ausgefüllten Darlehensvertrag mit der Beklagten (die nach mehreren Umfirmierungen inzwischen wieder ihren damaligen Namen trägt) über 82.585 DM mit folgenden Eckdaten:
  • Auszahlung zu 89 % (damit Nettokreditsumme: 73.500 DM)
  • erste Zinsbindung bis 30.8.1997
  • Tilgung über eine Kapitallebensversicherung
  • Widerrufsbelehrung nach § 7 VerbrKrG

Die Vermittlerin D. hatte nicht darauf hingewiesen, dass vom Kaufpreis für das Fondsobjekt von 9.241.746 DM ein Betrag von 3.800.000 DM an den Fondsinitiator fließen sollte sowie dass zwischen der Verkäuferin des Grundstücks und dem Fondsinitiator gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestanden.

Die Fondsgesellschaft nahm den Beitrittsantrag an, die Beklagte zeichnete den Darlehensvertrag gegen. Anschließend zahlte sie die Darlehensvaluta über den Treuhänder an die Fondsgesellschaft aus. Der Immobilienfonds nahm die vorgesehenen Ausschüttungen vorübergehend, nämlich bis August 1995, auf, seitdem haben die Kläger keine Erträge mehr erhalten.

Am 15.8.1997 ließen die Kläger den Darlehensvertrag als Haustürgeschäft widerrufen und wegen arglistiger Täuschung anfechten. Da am 30.8.1997 die erste Zinsbindung des von der Beklagten gewährten Darlehens auslief, zahlten die Kläger das Darlehen zur Zinsminderung "unter Vorbehalt ihrer Rechte" zurück. Einschließlich Zinsen hatten sie bis dahin 108.362,80 DM an die Beklagte bezahlt, zusätzlich waren die Fondsausschüttungen von 6.003,55 DM auf ihrem Darlehenskonto bei der Beklagten gutgeschrieben worden.

Im Jahr 1998 erhoben die Kläger gegen die Beklagte beim LG Augsburg eine Klage auf Rückzahlung i.H.v. 114.366,35 DM (also Gesamtzahlungen einschl. Fondsausschüttungen) nebst 10 % Zinsen hieraus seit 1.9.1997. Sie beriefen sich hierzu auf eine Rückabwicklung nach Widerruf des Darlehensvertrages nach dem HWiG, auf eine arglistige Täuschung im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrages, nämlich Täuschungshandlungen der Vermittlerin über hohe weiche Kosten, Überteuerung der Fondsanteile, Falschangaben im Prospekt zur Mittelverwendung, fehlende Fungibilität der Fondsanteile und Falschangaben zur monatlichen Belastung. Sie wiesen dabei mehrfach darauf hin, dass großer Schadensersatz und damit die Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts beantragt werde, was auch die Bereitschaft bedeute, eine Zug um Zug-Abwicklung zu akzeptieren. Es habe ein Verbund zwischen der Fondsbeteiligung und dem Darlehensvertrag vorgelegen. Außerdem habe der Darlehensvertrag gegen § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO verstoßen. In d...

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