Leitsatz (amtlich)

1. a) Vereinbart ein Gesellschafter mit der GmbH einen Rangrücktritt für Regressansprüche aus der Inanspruchnahme von Grundpfandrechten, die er zur Sicherung von Drittverbindlichkeiten der Gesellschaft bestellt hat, sind diese Regressansprüche im Überschuldungsstatus nicht zu passivieren.

b) Den passivierten Drittverbindlichkeiten steht ein zu aktivierender Freistellungsanspruch der GmbH gegen den Gesellschafter in entsprechender Höhe gegenüber, so dass die Verbindlichkeiten im Ergebnis für die Feststellung einer Überschuldung ohne Bedeutung sind.

2. Der Umqualifizierung einer Bürgschaft des Gesellschafters in Eigenkapitalersatz steht es nicht entgegen, wenn die Bürgschaftsverpflichtung im Verhältnis zum Sicherungsnehmer wegen Übersicherung nichtig ist (Anschluss OLG Dresden NZG 2002, 292).

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Urteil vom 15.08.2005; Aktenzeichen 10 O 171/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.11.2007; Aktenzeichen II ZR 298/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG - Kammer für Handelssachen - Ellwangen vom 15.8.2005 (10 O 171/04) abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 766.937,82 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2002 zu bezahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 766.937,82 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. W. GmbH & Co KG (Insolvenzschuldnerin). Er verlangt von den Beklagten als alleinigen Kommanditisten Zahlung von 766.937.82 EUR zur Masse, weil sie in dieser Höhe durch Zahlung der Insolvenzschuldnerin von Bürgschaftsverpflichtungen befreit wurden. Die Bürgschaftsverpflichtungen waren die Beklagten zur Sicherung eines der Insolvenzschuldnerin von der Streithelferin gewährten Kredits eingegangen; der Kläger hält sie für eigenkapitalersetzend.

1.a) Mit Darlehensvertrag vom 19.10.1994 (Anl. B 1) gewährte die Streithelferin der Insolvenzschuldnerin einen Rahmenkredit über 1.500.000 DM. Zur Sicherheit übereignete die Insolvenzschuldnerin ihr Warenlager (Anl. K 2). Außerdem übernahmen die Beklagten eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft für die Rückzahlung der Darlehensforderung (Anl. B 2). Die Laufzeit des Kredits war auf ein Jahr befristet, wurde aber fortlaufend jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, zuletzt am 29.12.2000. Mit den Verlängerungen wurden jeweils auch die Bürgschaftserklärungen der Beklagten erneuert (vgl. Anl. K 3, K 4).

Streitig ist der wirtschaftliche Wert des sicherungsübereigneten Warenlagers. Die hiervon erfassten Warenvorräte waren zu Buchwerten angesetzt mit 4.533.742 DM zum 31.12.1999, 4.193.539 DM zum 31.12.2000 und 3.733.779 DM zum 31.12.2001 (Jahresabschlüsse Bl. 57). Die Buchwerte waren ermittelt anhand der Inventurlisten und der Netto-Einkaufspreise. Unstreitig erfasste die Sicherungsübereignung daneben auch die Ausstattung eines Ausstellungsraums für Sanitäreinrichtungen, zu Buchwerten angesetzt mit weiteren 545.552 DM, 350.000 DM bzw. erneut 350.000 DM. Die durch verlängerten Eigentumsvorbehalt gesicherten Verbindlichkeiten gegenüber Warenlieferanten beliefen sich zu Jahresende 2001 unstreitig auf ca. 1.000.000 DM.

b) Eine weitere Kreditgeberin der Insolvenzschuldnerin war die Kreissparkasse O. Von ihr gewährte Darlehen waren valutiert mit 3.174.531 DM zum 31.12.1999, 2.730.691 DM zum 31.12.2000 und 3.512.174 DM zum 31.12.2001 (Jahresabschlüsse Bl. 57). Gesichert waren sie durch unstreitig werthaltige Grundschulden über insgesamt 5.450.000 DM an einem Betriebsgrundstück im Eigentum der B.-W. Grundstücksgesellschaft GbR und an gleichermaßen der GbR zustehenden Erbbaurechten an zwei weiteren Betriebsgrundstücken (Sicherungsvereinbarungen B 11, B 12 und B 13, B 14). Soweit die Grundpfandrechte auch für Forderungen der Kreissparkasse gegen die GbR hafteten, ist unstreitig, dass sie sämtliche gesicherten Verbindlichkeiten abdeckten. Alleinige Gesellschafter der GbR waren die Beklagten. Für die B.-W. Grundstücksgesellschaft GbR vereinbarten die Beklagten am 02.07.1999 mit der Insolvenzschuldnerin einen Rangrücktritt mit etwaigen Rückgriffsansprüchen wegen Inanspruchnahme der Sicherheiten (Anl. B 5). In der Vereinbarung heißt es:

"... 2. Soweit aus diesen Rechten ein Anspruch der Gläubigerin gegen die Schuldnerin besteht oder in Zukunft entsteht und solange und soweit die Schuldnerin überschuldet ist im Sinne der Konkursordnung, tritt die Gläubigerin mit ihrer Forderung, einschließlich allen Nebenansprüchen, gegenüber allen Forderungen anderer Gläubiger im Range zurück.

3. Eine dem Rangrücktritt unterl...

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