Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung zum Skontoabzug

 

Leitsatz (amtlich)

a) Eine (vom Besteller/Auftraggeber gestellte) Klausel, wonach der Unternehmer/Auftragnehmer bei allen Abschlagszahlungen und bei der Schlusszahlung innerhalb der Skontofrist nach Rechnungseingang Skonto gewährt, ist grundsätzlich so zu verstehen, dass die Skontoberechtigung nur für jede vollständig, in berechtigter Höhe bezahlte Abschlags- und Schlusszahlung gilt. Ausnahmen können wegen in der Höhe schwer abzuschätzender Gegenrechte (Zurückbehaltungsrechte oder zur Aufrechnung gestellte Gegenforderungen) berechtigt sein.

b) Briefe, die in einem Postschließfach zur Abholung bereitgelegt werden, sind am Tag des Bereitlegens zugegangen, wenn sie nach der Verkehrsauffassung, unter Anlegung eines objektiven Maßstabs, auch noch an diesem Tage abgeholt zu werden pflegen. Nutzt der Empfänger einen Abholdienst (hier: HIN+WEG-Service der Deutschen Post AG), geht die Sendung nicht erst mit der Übergabe der Sendung an den Empfänger zu.

c) Für die Rechtzeitigkeit einer Zahlung durch Verrechnungsscheck innerhalb einer vereinbarten Skontofrist kommt es auf die Veranlassung der Zahlung durch den Auf-traggeber/Schuldner (Zahlungshandlung) und nicht auf die Gutschrift auf dem Konto des Auftragnehmers/Gläubigers (Zahlungserfolg) an. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c ii der Zahlungsverzugsrichtlinie (Richtlinie 2000/35/EG) steht dem nicht entgegen.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 07.08.2011; Aktenzeichen 27 O 144/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 7.8.2011 (27 O 144/11) werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten 94 % und der Klägerin 6 % zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 8.594,20 EUR

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als Nachunternehmerin gegenüber der Beklagten restlichen Werklohn aus einem Bauvertrag über Korrosionschutzarbeiten an einer Brücke geltend und stützt dies auf die ihrer Ansicht nach unberechtigten Skontoabzüge der Beklagten.

Dem Bauvertrag vom 5.3.2010 lagen das Verhandlungsprotokoll vom 22.2.2010 (Anlage B 1), das modifizierte Angebot der Klägerin vom 25.2.2010 (Anlage B 2) und die VOB/B zugrunde. In den unter Ziff. 8 der von der Beklagten gestellten Zahlungsbedingungen vereinbarten die Parteien unter Ziff. 8.2 und 8.3 des Verhandlungsprotokolls:

8.2 Abschlagzahlungen können dann, wenn kein abweichender Zahlungsplan vereinbart ist, nach Baufortschritt im Abstand von 30 Werktagen angefordert werden; sie werden mit 90 % der erbrachten Leistung bezahlt.

8.3 Der Bieter gewährt bei allen Abschlagszahlungen innerhalb von 12 Werktagen und bei der Schlusszahlung innerhalb von 12 Werktagen nach Rechnungseingang jeweils 2 % Skonto.

In Ziff. 8.3 wurden jeweils die Anzahl der Werktage (12) und der Skontosatz (2 %) handschriftlich in das Formular eingetragen.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf das Urteil des LG Stuttgart - 27 O 144/11 - vom 1.8.2011 in Verbindung mit dem Beschluss über die Tatbestandsberichtigung vom 2.9.2011 verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 8.044,90 EUR einbehaltener Skonti zzgl. Zinsen und vorgerichtlichen RA-Kosten an die Klägerin verurteilt.

Die in Ziff. 8.3 des Verhandlungsprotokolls auch für Abschlagsrechnungen getroffene Skontoabrede führe nur hinsichtlich der ersten Abschlagszahlung zu einem berechtigten Skontoabzug i.H.v. 549,30 EUR. Insoweit sei die Skontofrist durch die rechtzeitige Absendung des Verrechnungsschecks über die gesamte Rechnungssumme abzgl. 2 % Skonto gewahrt. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung sei die Vornahme der Leistungshandlung maßgeblich. Aus der im Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie ergangenen Entscheidung der EuGH (Rs. C-306/06 vom 3.4.2008) ergebe sich nicht, dass es für die Einhaltung der Skontofrist auf den Zeitpunkt der Gutschrift bei der Auftragnehmerin ankomme.

Wegen unberechtigten Einbehalts aus der 3. Abschlagszahlung könne die Klägerin 2.678,16 EUR beanspruchen. Die Beklagte habe zwar rechtzeitig, aber nicht in der berechtigten Höhe bezahlt. Dabei könne dahinstehen, ob die mit 110.812,11 EUR abgerechnete Position 1.6.2001 Mehraufwand Strahlen in vollem Umfang berechtigt sei, da die Beklagte diese Position ausweislich der geprüften, an die Klägerin übermittelten Abschlagsrechnung i.H.v. 25.000 EUR anerkannt habe, so dass unter Berücksichtigung vorausgegangener Zahlungen und berechtigter Skontoabzüge jedenfalls 134.489,40 EUR fällig gewesen seien, die Beklagte aber aufgrund eines Buchhaltungsversehens nur 133.907,70 EUR (abzgl. 2 % Skonto), also 581,70 EUR zu wenig gezahlt habe. Sinn und Zweck des Skontos, den Zahlungsverkehr zu beschleunigen, das Kreditrisiko des Auftragnehmers zu vermindern und ihm Liquidität zuzuführen, werde am ehesten erfüllt, wenn der mit dem Skonto verbundene Teilerlass von der vollständigen Zahlung der...

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