Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Anforderungen an den Nachweis der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben bei der Löschung des Nacherbenvermerks wegen Unrichtigkeit des Grundbuchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Verfügung ist im Sinne von § 2113 Abs. 2 BGB unentgeltlich, wenn der Vorerbe - objektiv betrachtet - ohne gleichwertige Gegenleistung ein Opfer aus der Erbschaftsmasse bringt und - subjektiv betrachtet - weiß, dass für dieses Opfer keine gleichwertige Gegenleistung zufließt, oder er die Unzulänglichkeit der Gegenleistung hätte erkennen müssen.

2. Bei der Abwägung von Leistung und Gegenleistung ist dem Vorerben ein Ermessensspielraum zuzubilligen, der regelmäßig nicht überschritten ist, wenn sich die Kaufpreisfindung an einem Wertgutachten des Gutachterausschusses orientiert. So auch OLG München 06.12.2011 34 Wx 403/11 So auch OLG Frankfurt 15.08.2011 20 W 356/11 So auch BayObLG 04.08.1988 BReg 2 Z 19/88

 

Normenkette

BGB § 2113; GBO §§ 22, 29, 51

 

Verfahrensgang

AG Waiblingen (Entscheidung vom 13.04.2018; Aktenzeichen WBN036 GRG 501/2018 Heimerdingen (Ditzingen) GB 2315)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 gegen die am 13.04.2018 erfolgte Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch von XXX durch das Amtsgericht Waiblingen - Grundbuchamt - (Az. WBN036 GRG 1277/2017) wird

zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten Ziff. 1 und 2 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 200.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten Ziff. 1 und 2 sind die Eltern der am 17./18.08.2007 verstorbenen XXX. Diese hatte mit ihrem Ehemann, dem Beteiligten Ziff. 3, am 15.04.1999 einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in welchem sie für den Fall, dass sie vor dem Ehemann stirbt, diesen zu ihrem Alleinerben hinsichtlich ihres gesamten Vermögens einsetzte. Der überlebende Ehemann wurde jedoch nur als - befreiter - Vorerbe eingesetzt. Zum Nacherben hinsichtlich des zum Zeitpunkt des Todes des überlebenden Ehemanns übrigen Nachlasses hat die Ehefrau diejenigen Personen bestimmt, die ihre gesetzlichen Erben wären, wenn sie im Zeitpunkt des Nacherbfalls (Tod des überlebenden Ehemanns) unverheiratet gestorben wäre, unter sich beteiligt gemäß der gesetzlichen Erbfolge in diesem Zeitpunkt.

In den Nachlass der XXX fiel unter anderem der im Rubrum näher bezeichnete Grundbesitz XXX (Gebäude- und Freifläche). Am 06.03.2008 wurde im Grundbuch ein Nacherbenvermerk eingetragen. Über dieses Grundstück schloss der Beteiligte Ziff. 3 als Verkäufer mit dem Beteiligten Ziff. 4 als Käufer am 16.08.2017 vor Notar Bernd Benz, Stuttgart, einen Kaufvertrag, in dem ein Kaufpreis in Höhe von EUR 485.000,00 vereinbart worden ist. Auf Antrag der Kaufvertragsparteien wurde in der Folge nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten Ziff. 1 und 2 am 13.04.2018 der Nacherbenvermerk im Grundbuch gelöscht. Im Rahmen des Erledigungsprotokolls vom 13.04.2018 hat das Amtsgericht Waiblingen - Grundbuchamt - ausgeführt, begründete Zweifel an der Vollentgeltlichkeit des Kaufvertrages bestünden nicht. Selbst wenn der Beteiligte Ziff. 3 als Vorerbe bei dem Verkauf nicht den vielleicht optimal erzielbaren Verkaufspreis erzielt hätte, würde dies nur dann zu einer teilweisen Unentgeltlichkeit des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts führen, wenn der Verkäufer dies gewusst habe oder habe wissen müssen und auch subjektiv aus Sicht beider Vertragsparteien eine Teilunentgeltlichkeit mit Begünstigungsabsicht zugunsten des Käufers gewollt gewesen sei. Nach Überzeugung des Grundbuchamts sei dieser subjektive Tatbestand für keine der beiden Vertragsparteien erfüllt.

Gegen die Löschung des Nacherbenvermerks wenden sich die Beteiligten Ziff. 1 und 2 mit ihrer Beschwerde vom 04.05.2018. Sie beantragen im Beschwerdeverfahren,

im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung gemäß § 76 GBO anzuordnen,

das Grundbuchamt anzuweisen, einen Amtswiderspruch im Grundbuch einzutragen.

Zur Begründung tragen die Beteiligten Ziff. 1 und 2 vor, der Verkehrswert der in Rede stehenden Immobilie betrage mindestens EUR 700.000,00. Der vereinbarte Kaufpreis von EUR 485.000,00 bleibe erheblich hinter dem tatsächlichen Verkehrswert zurück. Das eingeholte Verkehrswertgutachten mit dem darin ermittelten Wert von EUR 472.000,00 sei unzutreffend. Selbst wenn in Zusammenhang mit dem zugleich abgeschlossenen Mietvertrag angesichts des möglichen Mietzeitraums von 5 Jahren eine weitere Gegenleistung in Form einer Mietreduzierung in Höhe von insgesamt EUR 60.000,00 berücksichtigt werden sollte, ergäbe sich lediglich ein Kaufpreis von EUR 555.500,00. Es sei nicht maßgebend, ob eine Benachteiligungsabsicht des Vorerben gegenüber den Nacherben gegeben gewesen sei. Eines subjektiven Elements bedürfe es im Hinblick auf die Regelung des § 2113 BGB nicht. Die Entscheidung stehe auch nicht dem Grundbuchamt zu, wenn - wie vorliegend - Teilunentgeltlichkeit feststehe. In diesem Fall obliege es allein dem Vorerben, die Zustimmung des Nacherben z...

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