Leitsatz (amtlich)

1. Vor Eintritt des Nacherbfalls wird ein Nacherbenvermerk nur gelöscht, wenn der Nacherbe auf den Nacherbenvermerk verzichtet, oder wenn er die Löschung bewilligt, oder wenn er eine Verfügung des Vorerben zustimmt, oder wenn nachgewiesen oder offenkundig ist, dass der Nacherbenvermerk von Anfang an unwirksam war oder nachträglich gegenstandslos geworden ist. Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn die Verfügung des Vorerben auch ohne Zustimmung des Nacherben voll wirksam war, also auch, wenn der befreite Vorerbe entgeltlich verfügt hat.

2. Zur Frage des Nachweises der Entgeltlichkeit der Verfügung eines befreiten Vorerben im Grundbuchverfahren

 

Normenkette

GBO §§ 29, 51; BGB § 2113

 

Verfahrensgang

AG Langen (Verfügung vom 08.06.2011)

 

Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die angefochtene Zwischenverfügung dahingehend ergänzt wird, dass zur Löschung des Nacherbenvermerkes auch der Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung in Form der Vorlage eines auf den Zeitpunkt der Veräußerung abstellenden Verkehrswertgutachtens eines für Grundstücksbewertungen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen geeignet ist.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.

Geschäftswert (der Zurückweisung) des Beschwerdeverfahrens: 3.000,- EUR.

 

Gründe

I. Der Notar, der im Beschlusseingang als Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten zu 2. aufgeführt ist, hat am 8.4.2011 eine beglaubigte Ablichtung seines notariellen Vertrages vom ... 2010, UR-Nr .../2010, beim Grundbuchamt vorgelegt, ausweislich dessen die Beteiligte zu 1. den betroffenen Grundbesitz an die Beteiligten zu 2. zu einem Kaufpreis von 60.000,- EUR veräußert hatte. Auf den Inhalt dieses notariellen Vertrages wird Bezug genommen. Der Notar hat gem. § 15 GBO Löschung des Rechts Abteilung ... - eines Nacherbenvermerks -, Eigentumsumschreibung und Löschung einer bereits eingetragenen Auflassungsvormerkung beantragt. Der Notar hat weiter eine Zustimmungserklärung des Hausverwalters vom 16.11.2010 vorgelegt, die u.a. folgenden Passus enthält:

"Allerdings ist nach Auffassung der Hausverwaltung der Kaufpreis von 60.000 EUR, gemessen an dem Schätzwert des Ortsgerichtes von O1 (s. Schätzurkunde vom 3.2.2010) i.H.v. 135.000 EUR sehr niedrig und entspricht nicht dem Verkehrswert."

Durch Verfügung vom 21.4.2011 hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt um Vorlage dieses Gutachtens als Grundlage für die Kostenrechnung gebeten. Darüber hinaus hat sie darauf hingewiesen, dass zur Löschung des Nacherbenvermerks die Bewilligung des Nacherben in der Form des § 29 GBO erforderlich ist. Nach gewährter Fristverlängerung hat der Vertreter der Beteiligten zu 1. mit Schreiben vom 17.5.2011 Einwendungen erhoben und im Einzelnen dargelegt, dass der angesetzte Verkaufspreis von 135.000,- EUR nicht zu erzielen gewesen sei. Auf den Inhalt dieses Schreibens wird verwiesen. Durch die angefochtene Zwischenverfügung, auf deren Inhalt und Wortlaut insgesamt Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt zur Überprüfung und Wertfestsetzung für die Kosten an die Einreichung des bezeichneten Gutachtens erinnert. Darüber hinaus hat sie unter Fristsetzung die Bewilligung des Nacherben zur Löschung des Nacherbenvermerks in der Form des § 29 GBO für erforderlich erachtet, da in jedem Fall die Entgeltlichkeit nicht nachgewiesen ist und Zweifel offen bleiben.

Gegen diese Zwischenverfügung, "wonach aufgrund nicht nachgewiesener Entgeltlichkeit die Bewilligung des Nacherben zur Löschung des Nacherbenvermerks erforderlich ist", hat die Beteiligte zu 1. durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26.7.2011, auf dessen Inhalt verwiesen wird, Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin beim AG hat der Beschwerde ausweislich ihres Beschlusses vom 1.8.2011 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde, über die nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung durch das Grundbuchamt das OLG zu entscheiden hat, §§ 72, 75 GBO, ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache - mit Ausnahme der sich aus dem Tenor ergebenden Ergänzung - keinen Erfolg.

Ungeachtet der Frage, ob sich nach der oben aufgeführten Formulierung des Beschwerdeschriftsatzes die Beschwerde hierauf überhaupt bezieht, kann auch nach dem Inhalt der angefochtenen Zwischenverfügung nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt den Eintragungs-/Löschungsantrag von der Vorlage des Schätzungsgutachtens des Ortsgerichts O1 vom 3.2.2010 abhängig machen wollte. Diese Auflage war - wie die vorangegangene Verfügung vom 21.4.2011 zeigt - zum Zwecke der Geschäftswertberechnung erfolgt. Grundsätzlich könnte auch eine Eintragung/Löschung nicht im Wege der Zwischenverfügung davon abhängig gemacht werden, dass die Beteiligten ihrer Mitwirkungsverpflichtung bei der Ermittlung des Geschäftswertes nachkommen (vgl. hierzu OLG Hamm Rpfleger 2000, 267; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 28).

Soweit das Grundbuc...

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