Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleichsverfahren: Auswirkungen der Teilrechtskraft der gegenüber einem von mehreren Versorgungsträgern ergangenen Beschwerdeentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Legt im Versorgungsausgleichsverfahren nur ein Versorgungsträger gegen die Entscheidung zu dem mit ihm bestehenden Versorgungsverhältnis Beschwerde ein, sind die anderen Versorgungsträger im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Die im Verhältnis zu ihnen getroffenen Teil-Entscheidungen erwachsen in Teil-Rechtskraft, weshalb die Amtsermittlungspflicht des Beschwerdegerichts nicht gebietet, diese von Amts wegen zu korrigieren.

 

Normenkette

FamFG §§ 7, 26, 66, 145, 219

 

Verfahrensgang

AG Backnang (Beschluss vom 26.07.2010; Aktenzeichen 3 F 634/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der G. Lebensversicherung AG wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Backnang vom 26.7.2010 unter 1. Abs. 4 abgeändert.

Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der G. Lebensversicherung AG - Nr. 1-33.797.160-7 - findet nicht statt.

2. Im Beschwerdeverfahren werden Kosten nicht erhoben. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 1.000 EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind Ehegatten, deren am 3.7.1992 geschlossene Ehe das Familiengericht auf den am 7.2.2008 zugestellten Scheidungsantrag durch Urt. v. 6.8.2008 - 3 F 654/07 - geschieden wurde. Zugleich hat das Familiengericht das Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs abgetrennt und ausgesetzt.

Mit Verfügung vom 18.11.2009 hat das Familiengericht das Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs wieder aufgenommen und "Auskunft nach neuem Recht" eingeholt.

Während der i.S.d. § 3 Abs. 1 VersAusglG vom 1.7.1992 bis 31.1.2008 dauernden Ehezeit haben die Ehegatten folgende Versorgungsanrechte erworben:

Die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in der allgemeinen Rentenversicherung

7,9503 EP

mit einem Ausgleichwert von

3,9752 EP

und einem korrespondierenden Kapitalwert von

23.798,39 EUR

sowie in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

0,0827 EP (Ost)

mit einem Ausgleichswert von

0,0414 EP (Ost)

und einem korrespondierenden Kapitalwert von

209,56 EUR

Der Antragsgegner hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in der allgemeinen Rentenversicherung

24,6180 EP

mit einem Ausgleichwert von

12,3090 EP

und einem korrespondierenden Kapitalwert von

73.690,49 EUR

sowie bei der G. Lebensversicherung AG mit einem Ausgleichswert von

107,10 EUR

nach Abzug von Teilungskosten in Höhe der Mindestgebühr nach den Versicherungsbedingungen von

50 EUR.

Das Familiengericht hat durch interne Teilung auf den Antragsgegner in der allgemeinen Rentenversicherung

3,9752 EP

und in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

0,0414 EP (Ost)

übertragen sowie auf die Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung

12,3090 EP

übertragen und bei der G. Lebensversicherung AG ein Anrecht in Höhe eines Kapitalwerts von

107,10 EUR

begründet.

Zur Begründung führt das Familiengericht aus, der Ausgleich sei "zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes und zur Gleichstellung mit vor dem 1.9.2009 geschlossenen und geschiedenen Ehen" erforderlich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der G. Lebensversicherung AG, mit der sie den Ausschluss des Ausgleichs der bei ihr bestehenden Versorgungsanrechte des Antragsgegners erstrebt. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus, dass für den Versorgungsträger mit der Umsetzung des Beschlusses ein - mit Blick auf die Höhe des neu einzurichtenden Anrechts - unverhältnismäßig hoher Aufwand entstehen würde.

In der den Verfahrensbeteiligten übermittelten Verfügung vom 23.8.2010 teilt das Familiengericht daraufhin mit: "Das pauschal geäußerte Kostenargument ist in § 13 Vers-AusglG berücksichtigt und dürfte mit den Mitteln der modernen Datenverarbeitung beherrschbar sein. Das vor dem 1.9.2010 geltende Recht kannte keine Regelung für den Ausschluss von Anrechten im Bagatellwertbereich und führte zum Ausgleich der Anwartschaften bis in den Centbereich hinein. Eine Ungleichbehandlung von vor dem 1.9.2010 geschlossenen und geschiedenen Ehen mit dem aktuellen Fall gerät in Konflikt mit Art. 3 GG."

II. Die zulässige Beschwerde der G. Lebensversicherung AG hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses unter 1. Abs. 4 der Entscheidungsformel, im Übrigen bleibt der Ausspruch zum Versorgungsausgleich unverändert.

1. Zu Recht hat das Familiengericht seiner Entscheidung über den Versorgungsausgleich das ab 1.9.2009 geltende Recht zugrunde gelegt und auf der Grundlage erneut eingeholter aktueller Auskünfte der Versorgungsträger entschieden. Nachdem es das Verfahren auf Durchführung des Versorgungsausgleichs im Urteil vom 6.8.2008 abgetrennt und ausgesetzt und durch Verfügung vom 18.11.2009 wieder aufgenommen hat, ist der Versorgungsausgleich nach neuem Recht durchzuführen (§ 48 Abs. 2 Nr. 1 Vers-AusglG).

2. Das Anrecht des Antragsgegners bei der G. Lebensver...

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