Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 572 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung hat das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, in jedem Fall einer sofortigen Beschwerde zu prüfen und durch Beschluss zu entscheiden, ob dieser abzuhelfen oder die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen ist. Wurde der angefochtene Beschluss von der Kammer erlassen, so ist auch die Kammer für diese Entscheidung zuständig.

2. Eine Verfügung des Vorsitzenden genügt danach nicht für eine ordnungsgemäße Entscheidung über die Abhilfe und die Vorlage an das Beschwerdegericht.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2, §§ 3, 567, 569, 572

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Aktenzeichen 3 O 1477/01)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Ravensburg vom 25.1.2002 (Az. 3 O 1477/01) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Gerichtskosten; eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Gründe

1. a) Die Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3, § 567, § 569 ZPO zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt.

Auf das Beschwerdeverfahren ist die ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden, da der angefochtene Beschluss nach dem 31.12.2001 ergangen und der Geschäftsstelle übergeben worden ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO).

b) Einer Entscheidung des Senats über die Beschwerde steht nicht entgegen, dass das LG keine ordnungsgemäße Entscheidung darüber getroffen hat, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

Gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe findet nach der Neuregelung die sofortige Beschwerde statt (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO). Diese ist nunmehr die einzige Form der Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO). Nach § 572 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 ZPO hat das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, in jedem Fall einer sofortigen Beschwerde zu prüfen, ob dieser abzuhelfen oder die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen ist. Das nach § 577 Abs. 3 ZPO a.F. geltende Abhilfeverbot bei sofortigen Beschwerden gibt es nicht mehr. Der Gesetzgeber hat damit beabsichtigt, die Fehlerbeseitigung durch Selbstkontrolle zu fördern. Zuständig für die Entscheidung über Abhilfe oder Vorlage ist nach der gesetzlichen Regelung das Gericht, also der Einzelrichter oder Spruchkörper, oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten ist. Handelt es sich dabei um einen Kammerbeschluss, hat auch die Kammer über diese Frage zu befinden. Dazu bedarf es eines Beschlusses, der jedenfalls in dem Fall zu begründen ist, dass wie hier mit der Beschwerdebegründung neue Tatsachen vorgebracht werden, deren Erheblichkeit die Kammer verneinen will (vgl. Zöller/Gummer, 23. Aufl., ZPO, Rz. 8, 11; Thomas-Putzo, 24. Aufl., § 572 ZPO Rz. 10).

An einem solchen Beschluss der Kammer in der Besetzung, die über den angefochtenen Beschluss entschieden hat, fehlt es. Die Verfügung des Vorsitzenden vom 13.3.2002, dass die Akten auf die Beschwerde hin vorzulegen sind, genügt nach dieser neuen Rechtslage zur sofortigen Beschwerde nicht für eine ordnungsgemäße Vorlage der Sache an das Beschwerdegericht.

Der Senat sieht gleichwohl davon ab, die Sache an das LG zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Abhilfe zurückzugeben. Eine ordnungsgemäße Abhilfeentscheidung ist auch nach der Neuregelung keine Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem Beschwerdegericht (Zöller/Gummer, 23. Aufl., § 572 ZPO Rz. 4). Der Senat kann deshalb in der Sache selbst entscheiden.

2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die erhobene Klage versagt.

Es fehlt zum einen an einer hinreichenden Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen des § 116 Nr. 1 ZPO, insb. an einem ausreichenden Vortrag dazu, dass die Kosten des Rechtsstreits den Insolvenzgläubigern als wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten sind.

Zum anderen fehlt es an der Erfolgsaussicht für die Klageanträge Nr. 2 und 3, gerichtet gegen die Beklagten zu 2) und 3), die nicht Gründungsgesellschafter der Schuldnerin sind und deshalb auch nicht auf der Grundlage der Unterbilanzhaftung in Anspruch genommen werden können. Weiter fehlt es an der Erfolgsaussicht für die Klageanträge Nr. 6 und 7 betreffend die Nachforderung von Stammeinlagen bei den Beklagten zu 1) und zu 5). Auch die weiteren Klageanträge versprechen beim gegenwärtigen Stand des Sachvortrags keinen Erfolg.

Wegen der Einzelheiten zu diesen Gesichtspunkten wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 4.7.2002 Bezug genommen. Dort wurde dem Kläger auch eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Weiteren Vortrag hat er nicht gehalten.

3. Die Gerichtskosten hat der Kläger zu tragen (KV Nr. 4410 zum GKG). Außergerichtliche Kosten werden gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109912

MDR 2003, 110

OLGR-KS 2002, 363

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