Verfahrensgang

AG Schwäbisch Hall (Beschluss vom 03.11.2021; Aktenzeichen 2 F 650/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der JVA ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwäbisch Hall vom 03.11.2021 wird verworfen.

2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 2.000,00 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 - die Kindesmutter - befindet sich seit März 2021 in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd. Sie verbüßt dort eine Jugendstrafe von eineinhalb Jahren. Mit einer Entlassung ist etwa Mitte 2022 zu rechnen.

Am 03.08.2021 brachte die Kindesmutter ihre Tochter ... zur Welt. Unmittelbar nach der Geburt nahm das Jugendamt den Säugling in Obhut. Seitdem lebt das Mädchen bei der Pflegefamilie .... Die Kindesmutter erklärte sich hiermit nicht einverstanden; vielmehr hatte sie bereits seit ihrer Aufnahme in die JVA mehrfach erklärt, in der Mutter-Kind-Abteilung der Vollzugsanstalt ihr Kind während der Haft betreuen zu wollen.

Auf Anregung des Jugendamts wurde ein Verfahren zur Prüfung sorgerechtlicher Maßnahmen beim Amtsgericht Schwäbisch Hall eingeleitet (2 F 495/21 eA). Mit Beschluss vom 23.08.2021 lehnte es das Familiengericht ab, der Kindesmutter die elterliche Sorge oder Teile davon zu entziehen. Gleichzeitig wurde eine vorläufige Verbleibensanordnung zu Gunsten der Pflegeeltern getroffen, bis eine Unterbringung von Mutter und Kind in einer entsprechenden Abteilung der Vollzugsanstalt sichergestellt sei. Nach mündlicher Erörterung ist die Entscheidung vom 23.08.2021 durch Beschluss vom 08.09.2021 aufrechterhalten, jedoch die Verbleibensanordnung aufgehoben worden.

Die Beschwerde des Jugendamts wurde vom Senat am 07.10.2021 (16 UF 95/21) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verbleib des Kindes ... bei der Pflegefamilie ... so lange angeordnet wurde, bis eine Aufnahme des Kindes zusammen mit der Mutter in der Mutter-Kind-Abteilung der Justizvollzugsanstalt ... oder in einer Mutter-Kind-Abteilung einer anderen Justizvollzugsanstalt sichergestellt ist oder die Haft der Kindesmutter unterbrochen oder beendet wird.

Dies ist bis heute nicht geschehen. ... lebt weiterhin in der Pflegefamilie. Bislang fanden zwei Mal wöchentlich für etwa eine Stunde durch das Jugendamt begleitete Umgänge zwischen der Mutter und ihrem Kind in der JVA statt.

Auf Anregung der Kindesmutter wurde vorliegend mit Beschluss vom 26.10.2021 ein begleiteter Umgangskontakt zwischen Mutter und Kind in der JVA zweimal in der Woche für 90 Minuten festgelegt. Weiter ist eine Umgangspflegschaft angeordnet worden. Zusätzlich zu den Kontakten in der Vollzugsanstalt setzte das Familiengericht 13 weitere Umgänge zwischen dem 29.10.2021 und dem 09.12.2021 in den Räumlichkeiten der Umgangspflegerin fest.

Diese Entscheidung ist nach mündlicher Erörterung am 03.11.2021 bestätigt und der JVA ... sind die Kosten des Verfahrens auferlegt worden.

Gegen den ihr am 12.11.2021 zugestellten Beschluss hat die JVA ... am 26.11.2021 Beschwerde eingelegt. Auf die Ausführungen in der Beschwerdebegründungsschrift wird verwiesen.

II. Das Rechtsmittel der JVA ... gegen den Beschluss vom 03.11.2021 ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Gemäß § 57 Satz 1 FamFG sind Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht anfechtbar.

Die in § 57 Satz 2 FamFG aufgeführten Ausnahmen von diesem Grundsatz liegen hier nicht vor.

Es wurde zwar aufgrund einer mündlichen Erörterung entschieden; allerdings handelt es sich bei der Regelung des Umgangs um keinen der in § 57 Satz 2 FamFG abschließend aufgezählten Tatbestände.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass mit der angefochtenen Entscheidung auch eine Umgangspflegschaft eingerichtet worden ist.

Die Anordnung einer Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB ist unter Zugrundelegung des differenzierenden Maßstabs für das Verfahrensrecht keine Entscheidung über die elterliche Sorge für ein Kind.

Die Umgangspflegschaft sichert lediglich organisatorisch die Durchführung des Umgangs und führt daher nicht zu einem Eingriff in das Recht der elterlichen Sorge, weil das Familiengericht insoweit lediglich die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Eltern untereinander ausgleicht. Die Umgangspflegschaft berührt die elterliche Sorge nur am Rande und nur so weit, wie es der Durchsetzung und Absicherung des Umgangsrechts des nicht betreuenden Elternteils dient. Dieser wesentlich engere Sachzusammenhang mit der Regelung des Umgangs rechtfertigt es, die Anordnung der Umgangspflegschaft nicht in den Anwendungsbereich des § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG einzuordnen.

Die Umgangspflegschaft kann bereits eingesetzt werden, ohne dass eine Kindeswohlgefährdung droht oder gar vorliegt. Das Gericht hat lediglich die Rechtspositionen der Eltern untereinander zu beachten, weshalb die strengen Voraussetzungen für einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht nicht vorliegen müssen.

Auch das Umgangsrecht als solches stellt bereits eine Einschrän...

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