Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse bei Verfahrenswert

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der Formulierung des § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG ergibt sich die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse für den Verfahrenswert. Auch im Falle einer einverständlichen Scheidung bleiben die Vermögensverhältnisse der Parteien nicht außer Betracht.

2. Für die Parteien ist die Berücksichtigung von Freibeträgen von jeweils 60.000,00 EUR angemessen, jedoch nicht für Kinder, wenn – wie im vorliegenden Fall – das Vermögen nicht zur Deckung von Unterhaltszahlungen für die Kinder eingesetzt wird.

 

Normenkette

FamFG § 43 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Nagold (Beschluss vom 01.02.2010; Aktenzeichen 1 F 220/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nagold vom 1.2.2010 - 1 F 220/09 - dahin abgeändert, dass die Verfahrenswerte wie folgt festgesetzt werden:

a) Ehescheidung: 85.300 EUR

b) Folgesache Versorgungsausgleich: 7.080 EUR

c) insgesamt: 92.380 EUR.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die Beschwerde ist nach § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zulässig. Wie der Antragsgegner zu Recht geltend macht, besteht die grundsätzliche Möglichkeit seiner Inanspruchnahme als Zweitschuldner nach § 26 Abs. 2 FamGKG; außerdem ist die Festsetzung der Gerichtsgebühren maßgeblich für die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren (§ 32 Abs. 1 RVG). Die Beschwerde hat indes lediglich geringen Erfolg.

2. Die Berechnung des Verfahrenswerts richtet sich, wie das Familiengericht zutreffend dargestellt hat, nach §§ 43 und 50 FamGKG. In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, entsprechend § 48 Abs. 3 GKG a.F.).

Das Einkommen der Eheleute ist hier mit einem Betrag von 15.300 EUR unbeanstandet, der sich nach Abzug von Freibeträgen für die beiden volljährigen, aber noch Unterhalt beziehenden Kinder ergibt. Unbeanstandet ist auch der für die Folgesache Versorgungsausgleich mit 7.080 EUR angesetzte Wert.

Neben dem Einkommen sind die Vermögensverhältnisse für den Verfahrenswert von Bedeutung. Das ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung des § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Dem Antragsgegner ist deshalb nicht dahin zu folgen, im Falle einer einverständlichen Ehescheidung blieben die Vermögensverhältnisse von vornherein außer Betracht (zu Fragen des Einzelfalls s. allerdings nachfolgend unter Ziff. 4.).

3. a) Der Senat folgt dem Ansatz des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Stuttgart, auf dessen Entscheidung 17 WF 283/08, FamRZ 2009, 1176 f. sich der Antragsgegner beruft. Danach sind die Vermögenswerte nach Abzug von Freibeträgen und sodann mit bestimmten, wenn auch nicht starr festgelegten, Prozentsätzen für die Wertfestsetzung mit heranzuziehen.

Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass sich das Vermögen der Beteiligten aus fremd- sowie eigengenutzten Immobilien und weiteren Vermögensgegenständen zusammensetzt, ohne dass letztere abschließend ermittelt worden wären. Während Antragstellerin und Familiengericht das Vermögen mit einer Summe von 1.170.000 EUR in Ansatz gebracht haben, gelangt der Antragsgegner zu einem Betrag von lediglich (240.000 EUR + 160.000 EUR =) 400.000 EUR.

Er beruft sich hierbei nicht nur pauschal auf abzuziehende Verbindlichkeiten, sondern im Wesentlichen darauf, der zu seinem Eigentum rechnende Supermarkt sei letztlich ohne derzeitigen Verkehrswert. Insoweit hatte sich die Antragstellerin auf eine gemeinsame Besprechung mit beiden Beteiligten berufen, wonach die Anschaffung dieses Supermarkts zu einem Betrag von 2.100.000 DM erfolgt sei. Die Finanzierung, zunächst 1.100.000 DM, sei sodann bis auf einen Betrag von 110.000 EUR zurückgeführt worden. Ausgehend vom Anschaffungswert von 2.100.000 DM, entsprechend 1.073.712,90 EUR, blieben dann rechnerisch 963.71,29 EUR. Entsprechend bewegt sich der Wertansatz der Antragstellerin für den Supermarkt zwischen 500.000 EUR und 900.000 EUR.

Legt man die genannte Untergrenze von 500.000 EUR zugrunde, so ist der "Reparaturstau", auf welchen sich der Antragsgegner in Höhe eines Aufwands von 250.000 EUR beruft, ebenso berücksichtigt wie weitere wertbeeinflussende Faktoren. Selbst wenn der Supermarkt derzeit nicht vermietet ist und weitere Lagenachteile aufweisen mag, führt das entgegen antragsgegnerseitigem Vorbringen nicht zu einem Verkehrswert von 0.

b) In welcher Höhe Freibeträge abzusetzen sind, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Das Familiengericht hat insoweit Beträge von jeweils 60.000 EUR in Ansatz gebracht, was den Antragsgegner jedenfalls nicht beschwert. Aus welchen Gründen allerdings für die offenbar auswärts wohnhaften Kinder Freibeträge in Betracht kommen sollen, ist für die Frage gerade des Vermögens nicht ohne weiteres nachzuvollziehen. Für das Einkommen ist das anders zu s...

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