Leitsatz (amtlich)

Die ermäßigte Gebühr gem. §§ 3, 34 GKG in Verbindung mit Nrn. 1210, 1211 Ziff. 1. a) GKG-KV nach Klagerücknahme ist nicht entstanden und kann nicht erhoben werden, wenn die Klage nicht unterschrieben war. Es fehlt dann an einer wirksamen Klageeinreichung.

 

Normenkette

GKG §§ 3, 6 Abs. 1 Nr. 1, § 34; GKG-KV Nr. 1210; GKG-KV Nr. 1211 Ziff. 1a

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 26.01.2011; Aktenzeichen 33 O 75/10 KfH)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 33. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 26.1.2011 - 33 O 75/10 KfH, abgeändert:

Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Kostenansatz der Kostenbeamtin über die Erhebung einer 1,0-Verfahrensgebühr nach Nrn. 1210, 1211 Ziff. 1. a) GKG-KV i.H.v. 456 EUR aufgehoben.

2. Das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Am 19.10.2010 wurde beim LG Stuttgart durch die Kanzlei der klägerischen Prozessbevollmächtigten eine Klage eingereicht, die von niemandem - weder von der Naturpartei noch von deren Rechtsanwalt - unterschrieben war. Auch auf der beglaubigten Abschrift befindet sich keine Unterschrift des Prozessbevollmächtigten. Am 20.10.2010 wurde die Klage per Telefax, auf dem die Unterschrift des Rechtsanwalts ersichtlich ist, zurückgenommen.

Hierauf brachte die Kostenbeamtin eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nrn. 1210, 1211 Ziff. 1. a) GKG-KV aus dem Streitwert von 48.033,34 EUR i.H.v. 456 EUR in Ansatz, die bei der Klägerin durch die Landesoberkasse mit Rechnung vom 13.12.2010 angefordert wurde.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde vom LG mit Beschluss vom 26.1.2011 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 4.2.2011 Beschwerde eingelegt.

Das LG hat nicht abgeholfen und mit Beschluss vom 9.2.2011 die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Nach §§ 3, 34 GKG i.V.m. Nr. 1210 GKG-KV fällt die dreifache Verfahrensgebühr bereits mit der Einreichung der Klage an. Zu diesem Zeitpunkt - und nicht erst mit der Klagezustellung - entsteht die Gebühr und wird fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, GKG-KV 1210 Rz. 13 m.w.N.). Eine Ermäßigung der Gebühr auf den 1,0-fachen Betrag sieht Nr. 1211 GKG-KV unter den dortigen Voraussetzungen vor. Infolge der Klagerücknahme wurde diese beim Kläger nach Nr. 1211 Ziff. 1. a) GKG-KV berücksichtigt und die reduzierte Gebühr von 456 EUR in Ansatz gebracht.

Dem steht aber entgegen, dass bereits die dreifache Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG-KV nicht angefallen ist, da es an einer wirksamen Klageeinreichung fehlt.

Es trifft zwar zu, dass es kostenrechtlich belanglos ist, ob der Kläger seine Klage prozessual zulässig oder ordnungsmäßig erhoben hat (Hartmann, a.a.O., GKG-KV 1210 Rz. 18; BFH BB 1985, 985: Einreichung einer vom Erinnerungsführer persönlich unterzeichneten Nichtigkeitsklage ohne Beachtung des Vertretungszwangs). Allerdings muss die Klage unterschrieben sein, da sie anderenfalls nicht wirksam eingereicht ist (Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, Stand Januar 2011, § 6 GKG Rz. 10, Nr. 1210 GKG-KV Rz. 53; Volpert in Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, 1. Aufl. 2010, Nr. 1220 FamGKG-KV Rz. 50; Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 253 ZPO Rz. 5; BGH NJW 1976, 966; je m.w.N.).

Ein Schriftsatz ohne eigenhändige Unterschrift ist ein Entwurf, der nicht erkennen lässt, dass er für den Rechtsverkehr bestimmt ist. Klage- und Rechtsmittelschrift müssen deshalb handschriftlich unterzeichnet sein.

Ob von diesem Grundsatz, dass ein bestimmender Schriftsatz unterschrieben sein muss Ausnahmen zuzulassen sind, wenn die Schrift oder beiliegende Schriftstücke ergeben, dass der Eingang bei Gericht dem Wissen und Wollen des Verfassers entspricht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil nicht einmal die beglaubigte Abschrift vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschrieben war. Allein der Stempelaufdruck: "gez ..." kann die erforderliche Unterschrift nicht ersetzen.

Nur wenn der bestimmende Schriftsatz eigenhändig vom Rechtsanwalt unterzeichnet ist, kann ausgeschlossen werden, dass dieser nicht nur versehentlich - gegen den Willen des Prozessbevollmächtigten - durch die Anwaltssekretärin beim Gericht eingereicht worden ist (BGH NJW 1976, 966).

Vorliegend lässt allein die Klagerücknahme am Tag nach dem Eingang auf eine versehentliche Einreichung des nicht unterschriebenen Schriftsatzes schließen. Dass die Klagerücknahme als ebenfalls bestimmender Schriftsatz unterzeichnet dem Gericht gefaxt wurde, lässt keine andere Annahme zu und kann insbesondere nicht die fehlende Unterschrift auf der Klage ersetzen. Diese Vorgehensweise stellt vielmehr die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Rückgängigmachung der versehentlichen Einreichung eines bloßen Klageentwurfs dar.

Au...

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