Leitsatz (amtlich)

Der erneuten Festsetzung aufgrund übergegangener Unterhaltsansprüche im vereinfachten Unterhaltsverfahren nach Unterhaltsvorschussleistungen steht § 249 Abs. 2 FamFG auch bei Ausschöpfung der nach der Gesetzeslage bis 2017 geltenden Leistungshöchstdauer und Wiederaufnahme der Leistungen nach der Gesetzesänderung entgegen.

 

Normenkette

FamFG § 249 Abs. 2; UVG § 3

 

Verfahrensgang

AG Crailsheim (Beschluss vom 29.09.2020; Aktenzeichen 33 FH 24/20)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Crailsheim vom 29.09.2020 (2 33 FH 24/20) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert beträgt 3.516 EUR.

 

Gründe

I. Das antragstellende Land ... (im weiteren Antragstellerin genannt) beantragt - vertreten durch die Unterhaltsvorschusskasse ... - die Festsetzung von Unterhalt aus übergegangenem Recht im vereinfachten Verfahren.

Für das am 24.07.2013 geborene Kind ... erbrachte die Unterhaltsvorschusskasse bereits seit 01.09.2013 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. In einem vorangegangenen vereinfachten Verfahren (33 FH 8/14) hat sie vor dem Amtsgericht Crailsheim Unterhaltszahlungen für die Vergangenheit für die Zeit vom 01.10.2013 bis 31.03.2014 und laufend ab 01.04.2014 in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 1. Altersstufe und ab 01.07.2019 in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 2. Altersstufe, jeweils abzüglich des vollen Kindergeldes für ein erstes Kind, in einem Beschluss vom 24.06.2014 titulieren lassen. In dem Beschluss wurde ausdrücklich ausgeführt: "Die Festsetzung gilt für Unterhaltsleistungen von längstens 72 Monaten, § 3 UVG".

Nachdem weitere Unterhaltsvorschussansprüche des Kindes entsprechend der damaligen Rechtslage wegen Erreichens der Höchstbezugsdauer von 72 Monaten entfallen waren, leistet die Antragstellerin nach zwischenzeitlicher Rechtsänderung erneut Unterhaltsvorschuss.

Im vorliegenden Verfahren macht die Antragstellerin für die Vergangenheit im Zeitraum 01.10.2019 bis 30.04.2020 und laufend ab 01.05.2020 übergegangene Unterhaltsansprüche in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der Altersstufen abzüglich anzurechnender Leistungen, derzeit für die 2. Altersstufe und ab 01.07.2025 Mindestunterhalt für die 3. Altersstufe, jeweils vermindert um das für ein erstes Kind zu zahlende Kindergeld, geltend.

Erstinstanzlich hat das Familiengericht durch die Rechtspflegerin darauf hingewiesen, dass dem Antrag nicht vollständig entsprochen werden könne, da er derzeit nur für die 3. Altersstufe zulässig sei. Für die 2. Altersstufe und die Unterhaltsrückstände aus diesem Zeitraum sei der Antrag unzulässig, da bereits ein Unterhaltstitel für die 2. Altersstufe vorliege. Dies hindere eine erneute Titulierung im vereinfachten Verfahren. Die Vollstreckbarkeit des bereits vorhandenen Titels könne im vereinfachten Verfahren nicht geprüft werden.

Die antragstellende Behörde ist der Meinung, dass dem vorhandenen Unterhaltstitel eindeutig zu entnehmen sei, dass dieser längstens 72 Monate gültig sei, weshalb ein vollstreckungsfähiger Titel nach Ausschöpfung dieser 72 Monate nicht mehr zur Verfügung stehe. Das zuständige Vollstreckungsgericht würde eventuelle Anträge auf Vollstreckungsmaßnahmen zurückweisen.

Das Familiengericht hat nach vorheriger Anhörung des Antragsgegners im Beschluss vom 29.09.2020 den von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu zahlenden Unterhalt für die Zeit vom 01.07.2025 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, mithin für die 3. Altersstufe, in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts abzüglich des Kindergeldes für ein erstes Kind, derzeit 304 EUR, festgesetzt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag bezüglich der 2. Altersstufe und der Unterhaltsrückstände für diesen Zeitraum unzulässig sei, da bereits ein Unterhaltstitel vorliege und gemäß § 249 Abs. 2 FamFG das vereinfachte Verfahren nicht statthaft sei, wenn zum Zeitpunkt, in dem der Antrag oder eine Mitteilung über seinen Inhalt dem Antragsgegner zugestellt werde, über den Unterhaltsanspruch des Kindes entweder ein Gericht entschieden habe, ein gerichtliches Verfahren anhängig sei oder ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet worden sei. Dies gelte unabhängig davon, ob aus dem Titel noch vollstreckt werden könne, da die Vollstreckbarkeit eines Titels nicht im vereinfachten Verfahren geprüft werden könne. Auch auf die Art der bereits getroffenen Entscheidung komme es insoweit nicht an.

Gegen die am 05.10.2020 der Antragstellerin zugestellte Entscheidung richtet sich die am 19.10.2020 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin mit der Begründung, dass der Unterhalt nur für den Zeitraum ab 01.10.2013 bis längstens 72 Monate festgesetzt worden sei und damit der vorhandene Titel spätestens zum 30.09.2019 vollständig ausgeschöpft worden sei.

Der Antragsgegner hat sich weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren geäußert.

II. Die zulässige B...

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