Leitsatz (amtlich)

Zu Inhalt und Umfang deliktischer Verkehrspflichten eines im Becken eines öffentlichen Hallenbades schwimmenden Badegastes, der mit einem vom Dreimeterbrett in das Becken springenden siebenjährigen Kind zusammenstößt, das sich dabei Verletzungen zuzieht.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 21.12.2010; Aktenzeichen 21 O 503/09)

 

Tenor

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 21. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 21.12.2010 - 21 O 503/09 - gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Zurücknahme der Berufung bis 27.4.2011.

Streitwert der Berufungsinstanz: Bis 13.000 EUR.

 

Gründe

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil des LG, das die Klage abgewiesen hat. Die Berufung hat nach einhelliger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

I. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen eines Unfalls, den er am 28.5.2003 im Städtischen Hallenbad in L. erlitten hat, auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch. Am Unfalltag befanden sich die Parteien als Badegäste in dem Hallenbad. Der damals sieben Jahre alte Kläger verletzte sich, als er vom Dreimeterbrett sprang und es beim Eintauchen ins Wasser zur Kollision mit dem in dem Becken schwimmenden 72 Jahre alten Beklagten kam.

Der Kläger behauptet, im Moment seines Sprungs habe der Beklagte vom Startblock aus das Sprungbrett unterschwommen und sei in seine, des Klägers, Sprungbahn hinein geschwommen. Er habe, als er gesprungen sei, den Beklagten nicht sehen können. Bei dem Sprung habe er sich erheblich verletzt.

Der Beklagte bestreitet, vom Startblock aus in die Sprungbahn des Klägers hinein geschwommen zu sein. Er habe sich vielmehr vom Beckenrand in Richtung Ausstieg bzw. Leiter brustschwimmend langsam fortbewegt. Er sei für den Kläger, hätte sich dieser vor seinem Sprung ordnungsgemäß versichert, rechtzeitig erkennbar gewesen. Demgegenüber sei seine, des Beklagten, Sicht erheblich eingeschränkt gewesen.

II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die vom Senat zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Unfallhergang nach der durchgeführten Beweisaufnahme ungeklärt geblieben ist. Die insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat der Senat zugrunde zu legen.

a) Das LG stellt hierzu im Wesentlichen fest, die Beweisaufnahme habe lediglich ergeben, dass - was zwischen den Parteien allerdings auch von Anfang an unstreitig war - die Parteien am Unfalltag miteinander kollidierten, als der Kläger vom Dreimeterbrett sprang und beim Eintauchen ins Wasser mit dem brustschwimmenden Beklagten zusammenstieß. Die Beweisaufnahme hat nach Auffassung des LG jedoch keinen Aufschluss darüber gegeben, wo genau die Parteien kollidiert sind, ferner auch nicht darüber, woher der Beklagte gekommen ist und welchen Weg er schwimmend bis zur Kollisionsposition zurückgelegt hat. Es habe sich insbesondere nicht feststellen lassen, ob der Kläger mit Anlauf vom Brett gesprungen sei oder ob er sich lediglich mit den Füßen voraus vom Brett habe fallen lassen; u.a. davon hänge jedoch der Auftreffort des Klägers auf dem Wasser und damit der Ort der Kollision mit dem Beklagten ab, von dem nicht klar sei, ob er vor dem Brett oder zur Seite nach rechts versetzt gelegen habe.

b) Die Berufung beanstandet diese vom LG aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gewonnenen tatsächlichen Feststellungen als solche nicht, sondern legt sie vielmehr ihren Beanstandungen des erstinstanzlichen Urteils zugrunde. Anhaltspunkte für Zweifel nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind dem Senat auch sonst nicht ersichtlich, so dass er die vom LG getroffenen Feststellungen seiner Würdigung zugrundelegen kann und muss.

2. Auf der Basis dieser Feststellungen ist die Entscheidung des LG, das die Klage abgewiesen hat, entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu beanstanden. Sie steht vielmehr in Einklang mit der Rechtslage.

a) Die Berufung ist der Auffassung, das Schwimmen des Beklagten im Becken, das für die Kollision mit dem Kläger ursächlich geworden ist, stelle ohne weiteres einen rechtswidrigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Klägers dar und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt habe der Beklagte bereits dadurch verletzt, dass er bei gleichzeitig stattfindendem Sprungbetrieb unter dem Sprungbrett hindurch bzw. in einen Bereich des Schwimmbeckens geschwommen sei, in dem Springer auf dem Wasser aufkommen könnten, anstatt einen hinreichend großen "Bogen" um den Sprungbereich herum zu machen.

b) Mit dieser Auffassung verkennt die Berufung die rechtlichen Grundlagen der etwaigen deliktischen Verantwortlichkeit des Beklagten im Streitfall.

aa) Ob hier eine deliktische Haftung de...

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