Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 2 C 973/09 WEG AG Tbg.)

 

Tenor

Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22.06.2011 - Az. 19 T 12/11 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

 

Gründe

I.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten begehrt im eigenen Namen die Erhöhung des Streitwerts für die vorliegende Wohnungseigentumssache.

Die klagende Miteigentümerin focht mit der vorliegenden Klage die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.08.2009 gefassten Beschlüsse über die Jahresabrechnung 2008, die Entlastung der Verwalterin und den Wirtschaftsplan 2009 an. Die Sache endete nach mündlicher Verhandlung vor dem Amtsgericht aufgrund außergerichtlicher Einigung, indem die Klägerin die Klage gegen Verzicht auf Kostenerstattung zurücknahm.

Das Amtsgericht Tübingen (Az. 2 C 973/09 WEG) setzte durch Beschluss vom 10.01.2011 den Streitwert auf 25.000,- € fest (Bl. 104 d.A.). Auf die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten begründete das Amtsgericht durch Beschluss vom 10.01.2011 (Bl. 114 ff. d.A.) die Entscheidung damit, dass das kostenmäßige Interesse der Klägerin am Rechtsstreit (§ 49a GKG) unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung bzw. des Wirtschaftsplans, sondern einerseits nach dem Einzelinteresse der Klägerin zu bestimmen sei, nämlich nach dem auf sie entfallenden Anteil der streitgegenständlichen Heiz- und Warmwasserkosten, andererseits nach dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer an der Wirksamkeit der Beschlüsse, das zusätzlich mit einem Viertel der verbleibenden Jahreskosten anzusetzen sei ("Hamburger Formel"). Maßgeblich sei der in der Klagbegründung konkretisierte Umfang der Anfechtung, nämlich die auf die Heizungs- und Warmwasserkosten entfallenden Beträge. Für die Entlastung der Verwalterin sei das Interesse mit 5 % der strittigen Heizkostenabrechnung zu bewerten, weil die Anfechtung nur unter diesem Gesichtspunkt erfolgt sei. Der Streitwert belaufe sich nach § 49a GKG auf die Hälfte des so ermittelten Interesses.

Im angegriffenen Beschluss vom 22.06.2011 (Bl. 127 ff. d.A.) wies das Landgericht Stuttgart (Az. 19 T 12/11) die Beschwerde des Beklagtenvertreters zurück. Der Wert von Beschlussanfechtungsklagen sei - wie vor der Einführung von § 49a GKG - nicht nach dem Nennwert von Jahresabrechnung oder Wirtschaftsplan zu bestimmen, sondern in der Regel mit einem Bruchteil von 20 bis 25 % davon, und zwar nach dem Umfang der konkretisierten Anfechtung zum Zeitpunkt der Klagbegründung. Das führe vorliegend zu keinem höheren Streitwert als vom Amtsgericht festgesetzt, so dass die Anwendung der "Hamburger Formel" nicht zu beanstanden sei. Das Interesse an der Anfechtung der Entlastung der Verwalterin decke sich vorliegend weitgehend mit der Anfechtung der Heizkostenabrechnung und sei daher mit 500,- € pauschal zu bewerten.

Mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren (Rechts-) Beschwerde vom 26.07.2011 macht der Beklagtenvertreter geltend, mit Einführung des klaren 50%-Schnitts habe § 49a GKG die bis dahin bestehenden Unsicherheiten und Unterschiede bei der Bemessung des Kosteninteresses von Beschlussanfechtungsklagen beseitigen wollen. Die "Hamburger Formel" führe insbesondere bei Teilanfechtungen zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Die wirtschaftliche Betrachtung der Vorinstanzen sei falsch, denn nach den am Streitgegenstandsbegriff orientierten zivilprozessualen Grundsätzen richte sich der Wert einer Anfechtung nach dem nominellen Wert des Anfechtungsgegenstands, insbesondere bei dem uneingeschränkt angefochtenen Wirtschaftsplan. Dabei sei vorliegend die Vollanfechtung der Jahresabrechnung in der Klage und nicht die Teilanfechtung der Heizungs- und Warmwasserkosten in der Klagbegründung maßgeblich. Die Anfechtung der Entlastung der Verwalterin sei nach der BGH-Rechtsprechung mit dem Regelbetrag von 1.000,- € zu bewerten.

Das Landgericht hat durch Nichtabhilfebeschluss vom 16.08.2011 die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

den Streitwert auf 82.174,70 € festzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Beschlüsse der Vorinstanzen für richtig.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Sachverhaltsdarstellungen in den Beschlüssen des AG Tübingen vom 10.01.2011 und des Landgerichts Stuttgart vom 22.06.2011 sowie auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

1.

Die weitere (Rechts-) Beschwerde ist gem. §§ 66 Abs. 5, 68 Abs. 1 S. 6 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässig, weil sie vom Landgericht als Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Rechtsbeschwerdegericht ist das Oberlandesgericht (BGH, B. v. 10.07.2007, VIII ZB 27/07, NJW-RR 2008, 121). § 567 Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, da das Verfahren für Streitwertbeschwerden in den §§ 66, 68 GKG gesondert und eigenständig geregelt ist (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 68 GKG Rn. 3...

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