Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischenentscheidung über internationale Zuständigkeit in Familiensachen, Statthaftigkeit der Beschwerde, gewöhnlicher Aufenthalt von Kindern

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen eine Zwischenentscheidung des Familiengerichts über die internationale Zuständigkeit in einer Familiensache, die keine Familienstreitsache ist, ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Zur Frage des gewöhnlichen Aufenthalts von Kindern nach Art. 8 Abs. 1 Brüssel-IIa-VO. Die Entscheidung des Familiengerichts, nicht nach Art. 15 Abs. 1 Brüssel-IIa-VO zu verfahren, ist gem. § 13a Abs. 4 und 5 IntFamRVG nicht anfechtbar.

 

Normenkette

FamFG § 58 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 280 Abs. 2; Brüssel-IIa-VO Art. 8, 15; IntFamRVG § 13a

 

Verfahrensgang

AG Albstadt (Beschluss vom 04.02.2014; Aktenzeichen 3 F 391/13)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Albstadt vom 4.2.2014 - 3 F 391/13, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge und die Herausgabe der.. und.. Jahre alten Kinder, die britische Staatsangehörige sind, beantragt. Das AG hat mit Beschluss vom 4.2.2014 zunächst über die internationale Zuständigkeit entschieden und diese angenommen, wogegen sich der Antragsgegner mit der Beschwerde wehrt.

Aus der im ... geschlossenen Ehe der Antragstellerin, deutsche Staatsangehörige, und des Antragsgegners, türkischer und britischer Staatsangehöriger, sind die beiden Kinder ..., geb. am ..., und ..., geb. am ..., hervorgegangen. Die Familie lebte in London. Im ... kam es zur Trennung der Eltern. Die Antragstellerin verbrachte mit den Kindern daraufhin drei Wochen Urlaub in Deutschland und teilte dem Antragsgegner danach mit, dass sie die Kinder nicht nach England zurückschicke. Mitte ... holte der Antragsgegner die Kinder bei der Antragstellerin in Deutschland ab, um mit ihnen zwei Wochen in London zu verbringen. Nachdem auch er sich weigerte, die Kinder wiederum an die Antragstellerin herauszugeben, kam es zur Einleitung eines Gerichtsverfahrens in England. Die Eltern versöhnten sich jedoch während des Verfahrens wieder und beschlossen, nach Albstadt, in dessen Nähe die Mutter geboren und aufgewachsen ist, umzuziehen. Streitig ist insoweit, ob der Umzug im Juli 2012 auf Dauer angelegt war oder ob, wie der Vater vorbringt, dies zur Stabilisierung der Beziehung für einen Zeitraum von 6 bis 9 Monaten vorgesehen war, bevor eine Rückkehr nach London erfolgen sollte. Die Familie integrierte sich in der Folge jedenfalls, indem die Kinder den Kindergarten besuchten und deutsch lernten und der Vater einen Integrationskurs besuchte.

Nach erneuten Streitigkeiten zwischen den Eltern zog der Vater im Februar 2013 nach London zurück. Bei einem Besuch in Deutschland im Juni 2013 vereinbarten die Eltern, dass der Vater die Kinder zu einem Urlaub von ein bis zwei Wochen mit nach London nehmen sollte. In London angekommen, erklärte der Vater der Mutter telefonisch, er werde die Kinder nicht mehr nach Deutschland zur Mutter zurücklassen. Die Mutter hat seitdem die Kinder noch einmal in London im September 2013 gesehen. Während des Zusammentreffens der Eltern kam es wiederum zu Streitigkeiten, bei denen die Mutter die Polizei einschaltete.

Mit dem im Dezember 2013 eingereichten Antrag möchte die Mutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge sowie die Herausgabe der Kinder erreichen. Nachdem dem Vater der Antrag zugestellt war, leitete er in London ebenfalls ein gerichtliches Verfahren ein. Der High Court of Justice - Family Division - setzte das Verfahren im Hinblick auf dieses Verfahren aus. Zwischenzeitlich hat die Antragstellerin in England einen Rückführungsantrag nach dem HKÜ gestellt (vgl. Bl. 133).

Das AG hat mit Beschluss vom 4.2.2014 vorab über die internationale Zuständigkeit entschieden und sie aus Art. 8 und 10 Brüssel-IIa-VO bejaht. Den Beschluss hat es in deutscher Sprache den englischen Anwälten des Antragsgegners per Einschreiben mit Rückschein zustellen lassen. Eine Belehrung über die Möglichkeit einer Annahmeverweigerung gem. Art. 8 Abs. 1, 4 EuZustellVO (VO 1393/2007) war nicht beigefügt. Der Beschluss ging dort am 10.2.2014 ein. In englischer Sprache wurde der Beschluss den Anwälten des Antragsgegners am 25.2.2014 per Einschreiben mit Rückschein zur Zustellung übersandt, wobei sich mangels Rückscheins in der Akte nicht entnehmen lässt, wann der übersetzte Beschluss dort eingegangen ist. Am 26.2.2014 teilten die Anwälte des Antragsgegners dem AG in Englisch per Email mit, dass der Antragsgegner Beschwerde einlegt. Per Post ging in englischer Sprache eine Beschwerde am 3.3.2014 beim AG Albstadt ein, die Übersetzung der Beschwerdeschrift am 27.3.2014.

Der Antragsgegner geht aufgrund der wiederum erfolgten Integration der Kinder in London v...

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