Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung. Auslegung einer im Grundbuch eingetragenen Zweckbestimmung eines Teileigentums. unzulässiger Betrieb einer Arztpraxis in einer als "Büro" bezeichneten Teileigentumseinheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Auslegung einer im Grundbuch eingetragenen Zweckbestimmung eines Teileigentums können Baupläne und Baubeschreibung nicht herangezogen werden.

2. Der Betrieb einer Arztpraxis ist in einer als „Büro” bezeichneten Teileigentumseinheit nicht zulässig.

 

Leitsatz (redaktionell)

(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Für die Auslegung einer im Grundbuch eingetragenen Zweckbestimmung eines Teileigentums können Baupläne und Baubeschreibung nicht herangezogen werden.

2. Der Betrieb einer Arztpraxis ist in einer als "Büro" bezeichneten Teileigentumseinheit nicht zulässig.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 1, 3, § 1 Abs. 1, 6

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 12.05.1986; Aktenzeichen 1 T 21/86)

AG Ravensburg (Beschluss vom 20.12.1984; Aktenzeichen 5 GR 264/85 WEG)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 12. Mai 1986

aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Ravensburg vom 20. Dezember 1984 wird

zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten im Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht.

Gegenstandswert in allen Rechtszügen: 30.000 DM.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungs- und Teileigentumsgemeinschaft … straße … in …

Das Gebäude enthält 13 Eigentumswohnungen, 5 Teileigentumseinheiten sowie eine Tiefgarage. Im Erdgeschoß befinden sich 3 Teileigentumseinheiten, die in Teilungserklärung und Aufteilungsplan als „nicht zu Wohnzwecken dienender Raum (Praxis) oder (Laden) oder (Laden-Geschäft)” bezeichnet sind; im 1. Obergeschoß liegen die im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Teileigentumseinheiten Nr. 17 und 18, die in der Teilungserklärung als „nicht zu Wohnzwecken dienender Raum (Büro)” ausgewiesen sind. Die ebenfalls im 1. Obergeschoß liegende Eigentumswohnung des Antragstellers grenzt an die Teileigentumseinheit Nr. 17 an, die die Antragsgegnerin zusammen mit der Teileigentumseinheit Nr. 18 für 10 Jahre als Arztpraxis vermietet hat.

Der Antragsteller hält den Betrieb einer Arztpraxis in diesen Räumen für unzulässig; er hat beantragt, es der Antragsgegnerin zu untersagen, die Teileigentumseinheit Nr. 17 zum Betrieb einer Arztpraxis zu vermieten.

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben, das Landgericht hat auf Beschwerde der Antragsgegnerin den Beschluß des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag zurückgewiesen.

Mit der rechtzeitig eingelegten weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, es sei zweifelhaft, inwieweit dem hier in Betracht kommenden Teil der Teilungserklärung „Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienendem Raum (Büro)” Vereinbarungscharakter zukomme. Die Formulierung deute darauf hin, daß die Nutzung als Büro nur eine mögliche Nutzungsart darstelle. Weitere Zweifel würden sich aus der unterschiedlichen Bezeichnung der Räume in der Baubeschreibung und den Bauplänen ergeben, die „Praxis/Büro G 17 und G 18” oder „Praxis G 17 und G 18” laute. Diese Unterlagen könnten zur Auslegung der Teilungserklärung im Hinblick auf den Vereinbarungscharakter herangezogen werden. Schließlich habe die Beweisaufnahme ergeben, daß der Antragsteller vor Abschluß des Kaufvertrages darauf hingewiesen worden sei, daß der Bauträger versuchen werde, „eine Arztpraxis hereinzubekommen”.

Daher könne der Antragsteller den Betrieb einer Arztpraxis in den fraglichen Räumen nicht beanstanden.

2. Diese Ausführungen halten einer Überprüfung nicht stand.

Nach den §§ 15 Abs. 1, 1 Abs. 6 WEG können die Wohnungs- und Teileigentümer den Gebrauch des Sondereigentums durch Vereinbarung regeln. Eine solche Vereinbarung kann in der Teilungserklärung enthalten sein.

Da Teilungserklärung und Aufteilungsplan durch zulässige Bezugnahme im Eintragungsvermerk Inhalt des Grundbuchs geworden sind, sind für die Auslegung des hier in Betracht kommenden Teils der Teilungserklärung „Sondereigentum an dem nicht zu Wohnzwecken dienenden Raum (Büro)” die für die Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze maßgebend. Danach ist allein auf Wortlaut und Sinn der Eintragung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (vgl. BayObLG vom 15. März 1985, WMR 85, 238 f mit weiteren Hinweisen).

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zur Auslegung der in der Teilungserklärung enthaltenen Vereinbarung weitere Unterlagen, nämlich Baubeschreibung und Baupläne herangezogen. Das ist rechtsfehlerhaft. Maßgebend für die Auslegung der Vereinbarung ist nur die Teilungserklärung einsc...

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