Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheins

 

Leitsatz (amtlich)

1. War beim Tode des Erblassers eine Klage nach § 1566 Abs. 1 BGB erhoben, ohne daß die in § 630 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Vereinbarungen vorgelegen haben, so ist zu prüfen, ob die Ehe nach § 1565 Abs. 1 BGB geschieden worden wäre.

2. Die Zustimmung zur Scheidung braucht nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt zu werden, sie kann auch in einem Schriftsatz der Partei enthalten sein.

 

Normenkette

BGB §§ 1933, 1565-1566; ZPO § 630

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 25.02.1992; Aktenzeichen 2 T 590/91)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.02.1995; Aktenzeichen 1 BvR 71/93)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 25.02.1992 wird

zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte 1 trägt die im Verfahren der weiteren Beschwerde anfallenden Gerichtskosten und hat den übrigen Beteiligten die in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Beschwerdewert: DM 100.000,00.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beteiligte 1, Ehemann der während eines Scheidungsverfahrens aus dem Leben geschiedenen Erblasserin, nach § 1933 BGB von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist.

Das Nachlaßgericht hat durch Vorbescheid die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, der den Beteiligten 1 zur Hälfte als Erbe ausweist.

Auf die Beschwerde des Beteiligten 2, des Vaters der Erblasserin, hat das Landgericht den Vorbescheid abgeändert, das Nachlaßgericht zur Erteilung eines Erbscheins allein zugunsten des Vaters und der Geschwister der Erblasserin angewiesen und den Erbscheinsantrag des Beteiligten 1 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte 1 weitere Beschwerde eingelegt. Diese ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einem Rechtsfehler beruht (§§ 27 ff. FGG, 550 ff. ZPO).

1. Der Beteiligte 1 hatte im März 1990 Scheidungsklage erhoben und vorgetragen, daß die Ehegatten seit Juli 1987 getrennt lebten und die Antragsgegnerin dem Scheidungsantrag zustimmen werde. Die Erblasserin hat dem Familiengericht auf Anfrage mitgeteilt, sie werde der Scheidung zustimmen.

2. Nach Auffassung des Landgerichts ist das Erbrecht des Beteiligten 1 gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen, weil zur Zeit des Todes der Erblasserin die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vorgelegen haben und die Erblasserin ihre Zustimmung wirksam erklärt hat.

3. Das Landgericht hat festgestellt, daß die Ehe der Erblasserin und des Beteiligten 1 gescheitert war. Es hat dabei der auf Scheidung abzielenden Haltung des Beteiligten 1 und nicht den Hoffnungen der Erblasserin auf eine Fortsetzung der Ehe ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird auch von der weiteren Beschwerde nicht angegriffen.

4. Der Beteiligte 1 wendet sich vielmehr gegen die rechtlichen Folgerungen des Landgerichts. Er meint, dieses habe übersehen, daß weitere Scheidungsvoraussetzungen im Sinne von § 1566 Abs. 1 BGB bzw. § 630 Abs. 1 Zi. 3 ZPO vorliegen müßten, und zwar im konkreten Fall Regelungen über Unterhalt, Hausrat und Ehewohnung. Diese Rüge ist jedoch nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob bei einer Konventionalscheidung nach § 1566 Abs. 1 BGB die gemäß § 630 Abs. 1 ZPO zu treffenden Vereinbarungen zu den materiellen Scheidungsvoraussetzungen gehören oder nur Prozeß voraus Setzungen darstellen, oder ob sie doch wenigstens in den Fällen der §§ 1933, 2077 BGB ohne Bedeutung sind (dazu u. a. OLG Bremen, FamRZ 1986, 833, welches die Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB nur eingreifen läßt, wenn auch die Erfordernisse einer einverständlichen Scheidung nach § 630 ZPO vorliegen, und OLG Frankfurt, MDR 1990, 246 = OLGZ 1990, 215, mit der gegenteiligen Auffassung, je mit weiteren Hinweisen). Denn das Landgericht hat zwar einleitend ausgeführt, die Voraussetzungen einer sog. Konventionalscheidung nach § 1565 Abs. 1 i. V. m. § 1566 Abs. 1 BGB seien in einer Weise dargetan, daß nichts gegen den Erfolg des Scheidungsantrags spreche. Es hat aber in der Folge – wohl wegen des Fehlens der entsprechenden Vereinbarungen – festgestellt, daß die Ehe nach § 1565 Abs. 1 BGB geschieden worden wäre. Daß hier der § 1566 Abs. 1 BGB bewußt nicht mehr erwähnt wurde, zeigt die Bezugnahme auf OLG Hamburg (FamRZ 1979, 702). Dieses geht für das Scheidungsverfahren ebenso wie das OLG Bremen (a.a.O.) bei Anwendung des § 2077 BGB davon aus, daß bei Einverständnis beider Ehegatten mit der Scheidung, aber fehlender Einigung über die Folgen die Scheidungsvoraussetzungen nach § 1565 BGB zu prüfen seien. Dem schließt sich der Senat an. Danach ist es ohne Bedeutung, dass eine Einigung über die Scheidungsfolgen dem Familiengericht nicht vorgelegen hat.

5. Die Erblasserin hat ihre Zustimmung zur Scheidung in wirksamer Form erteilt. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß dazu der von ihr selbst unterzeichnete Schriftsatz an das Familiengericht genügte. Das ergi...

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