Leitsatz (amtlich)

Die Beiordnung eines angestellten Anwalts im Wege der Prozesskostenhilfe lässt die bestehende Haftung des zunächst beauftragten Anwalts nicht entfallen. Vielmehr besteht ab der Beiordnung die Haftung des beigeordneten PKH-Anwalts neben der des beauftragten Anwalts eingebettet in das fortbestehende vertragliche Mandat. Die Tatsache, dass die Beiordnung rückwirkend erfolgt, hat nur gebühren- und kostenrechtliche Bedeutung.

 

Normenkette

BGB §§ 276, 426; ZPO § 121

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 04.07.2002; Aktenzeichen 5 O 55/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.09.2004; Aktenzeichen IX ZR 137/03)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des LG Neubrandenburg vom 4.7.2002 – Az. 5 O 58/02 – wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urt. v. 4.7.2002 geändert und insgesamt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger ggü. dem Landkreis Uecker-Randow – dem Landrat, Fachbereich Jugend, Kultur und Bildung – von Verbindlichkeiten wegen der Unterhaltsvorschusszahlungen für D.B., geboren am 18.2.1993 für den Zeitraum November 1995 bis Dezember 1995 in einer Gesamthöhe von 1.452,58 Euro frei zu stellen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger ggü. dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin – dem Landrat, Jugendamt – von den Verbindlichkeiten wegen der Unterhaltsvorschusszahlungen für D.B., geboren am 18.2.1993 für den Zeitraum April 1998 bis 31.12.2001 in einer Gesamthöhe von 6.092,87 Euro frei zu stellen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von dessen Unterhaltsverpflichtungen ggü. dem Kind D.B., geboren am 18.2.1993 freizustellen.

III. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 21.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Zum Sachverhalt wird auf das Urteil des LG Neubrandenburg vom 4.7.2002 Bezug genommen.

Zu ergänzen, dass der Kläger erstinstanzlich unbestritten vorgetragen hatte, dass er nicht der Vater des Kindes D.B. sei. Mit Schriftsatz vom 9.11.1994 reichten die Prozessbevollmächtigten der geschiedenen Ehefrau des Klägers eine Geburtsurkunde des Kindes D.B. sowie eine privatschriftliche Vaterschaftsanerkennungsurkunde eines Herrn G.W. zur Ehescheidungsakte, die folgenden Wortlaut hat:

„Vaterschaftsanerkennung Rathebur den 24.10.1994

Hiermit erkläre ich, G.W., geboren am 12.9.1971, dass ich der leibliche Vater von D.B., geb. am 18.2.1993 bin.

S.B.W.”

Gegen das Urteil des LG Neubrandenburg richten sich die form- und fristgerecht eingereicht und begründeten Rechtsmittel des Klägers und des Beklagten zu 1).

Der Beklagte bringt zur Begründung seiner Berufung vor: Das LG habe es unterlassen, die Beklagte zu 2) zumindestens als Partei zu vernehmen. Diese würde bekundet haben, dass der Kläger ihr bereits am 1.3.1993 bei Annahme des Ehescheidungsmandates mitgeteilt habe, dass er bereits seit April 1992 von seiner damaligen Ehefrau getrennt gelebt habe und diese zwischenzeitlich ein Kind geboren habe, wobei er davon ausgegangen sei, dass er nicht der Vater des Kindes sein könne, dass sie den Kläger darüber informiert habe, dass ggf. eine Klage auf Feststellung der Nichtehelichkeit erhoben werden müsse und diese innerhalb von zwei Jahren nach Kenntnis der Umstände, die für das Nichtbestehen einer Vaterschaft sprechen, zu erheben sei. Zum Beweis bezieht sich der Beklagte wiederum auf Zeugnis der Frau M.

Da der Kläger bereits am 1.3.1993 den begründeten Verdacht gehabt habe, dass er nicht der Vater des Kindes D. sein könne, hätte er Klage auf Nichtehelichkeit bis zum 1.3.1995 erheben müssen, sodass der Verjährungsbeginn wegen etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1) auf den 2.3.1995 falle. Eine etwaige Primärverjährung ende somit am 2.3.1998, eine etwaige Sekundärverjährung folglich am 2.3.2001. Das LG habe die Verjährungseinrede des Beklagten zu 1) nicht übergehen dürfen, da Klage erst danach erhoben worden sei, und die Klage abweisen müssen.

Das LG habe den Umfang des Mandats des Beklagten zu 1) verkannt. Der Kläger habe ihn lediglich mit der Durchführung des Ehescheidungsverfahrens beauftragt. Der Auftrag habe nicht die Anfechtung der Ehelichkeit für das Kind umfasst. Somit sei davon auszugehen, dass die bei dem Beklagten zu 1) angestellte Beklagte zu 2) ihre anwaltlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe.

Der Beklagte zu 1) beantragt, unter Abänderung des am 4.7.2002 verkündeten Urteils des LG Neubrandenburg, Az.: 5 O 55/02, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung dieses Antrags trägt er vor: Die Beklagten seien ihrer umfassenden Beratungs- und Hinweispflicht im Scheidungsv...

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