Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 12.06.2008; Aktenzeichen 10 O 91/01)

 

Tenor

1. Das Urteil des LG Neubrandenburg - Kammer für Handelssachen - vom 12.6.2008 - 10 O 91/01, wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 37.416,61 nebst Zinsen i.H.v. 7,5 % aus EUR 6.933,97 ab dem 1.8.1998, aus EUR 44.173,36 für die Zeit vom 27.1.2001 bis 13.7.2004, aus EUR 3.955,32 ab dem 14.7.2004 und i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB aus EUR 26.257,28 seit dem 19.1.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 63 %, die Beklagte trägt 37 %.

Von den Kosten der Berufung trägt die Beklagte 10 %, die Klägerin 90 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Wert der Berufung: EUR 44.173,36

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem vorzeitig beendeten Leasingvertrag über eine Apothekeneinrichtung geltend.

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Antragstellung wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Ergänzend führt der Senat aus:

Im Kündigungsschreiben vom 5.3.1998 heißt es u.a. wie folgt:

"(...) Gleichzeitig machen wir Schadensersatzforderung gem. Punkt 11 unserer Leasingbedingungen geltend. Der Nettoerlös aus der Verwertung des Leasinggegenstandes wird auf den Schadensersatzanspruch angerechnet. (...)"

Die Leasinggeberin berechnete eine "Kündigungsforderung" von DM 105.016,68. Dabei rechnete sie ausstehende Leasingraten (abgezinst) i.H.v. DM 84.230,99 und eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. DM 2.628,05 ein.

Mit am 12.6.2008 verkündetem Urteil hat das LG die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin EUR 77.634,65 nebst Zinsen i.H.v. 7,5 % aus EUR 6.933,97 ab dem 1.8.1998 und aus EUR 44.173,36 ab dem 27.1.2001 und i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB aus EUR 26.257,28 seit dem 19.1.2005 zu zahlen.

Zur Begründung hat das LG u.a. ausgeführt, zwischen der Beklagten und der Zedentin sei ein wirksamer Leasingvertrag zustande gekommen; insbesondere sei dieser nicht als wucherähnliches Geschäft i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) bzw. unter dem Gesichspunkt des Wuchers, § 138 Abs. 2 BGB a.F. nichtig.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei nicht gegeben: Im Verhältnis der Anschaffungskosten zum Rückzahlbetrag ergebe sich für die Leasinggeberin ein Bruttoerlös, der weniger als 26 % der finanzierten Anschaffungskosten betrage; auch unter Berücksichtigung eines - vom LG mit DM 47.300 bezifferten - Restwertes ergebe sich ein auffälliges Missverhältnis nicht; der von der Beklagten an die Klägerin entrichtete Kaufpreis für nichtleasingfähige Gegenstände fließe in die Berechnung nicht ein, da es sich um ein selbständiges Rechtsgeschäft handele.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ergebe sich auch nicht aus der Verzinsung des Leasingsvertrages; der effektive Vertragszins übersteige selbst bei Berücksichtigung eines Restwertes des Leasinggegenstandes den effektiven Vergleichszins weder relativ um 100 %, noch absolut um 12 %.

Auch die subjektiven Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit, nämlich eine verwerfliche Gesinnung der Leasinggeberin, seien nicht dargetan; die Beklagte habe eine Bösgläubigkeit der Leasinggeberin nicht dargelegt; das Vorliegen des subjektiven Tatbestands des § 138 Abs. 1 BGB a.F. sei auch nicht zugunsten der Beklagten zu vermuten, da diese bei Abschluss des Leasingvertrages bereits als Apothekerin selbständig tätig gewesen sei; die Beklagte sei nicht Verbraucher, sondern Kaufmann gewesen; es habe deshalb die umgekehrte Vermutung bestanden; diese habe die Beklagte nicht widerlegt; hinreichende Tatsachen hierzu habe sie nicht vorgetragen.

Auch eine Nichtigkeit des Vertrages unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Knebelung der Beklagten oder der Ausnutzung ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit hat das LG verneint: Der Umstand, dass die Beklagte für den Betrieb ihrer Apotheke mehrere Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern geschlossen habe, reiche zur Annahme einer Knebelung nicht aus, sei jedenfalls für den Leasingvertrag unerheblich; weder die Laufzeit des Leasingvertrages noch die der Klägerin von der Leasinggeberin hinsichtlich des Leasinggutes eingeräumte Kaufoption beeinträchtige die Beklagte unzulässig in ihrer wirtschaftlicher Entschließungsfreiheit; aus dem Leasingvertrag sei von vornherein ersichtlich...

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