Leitsatz (amtlich)

Die Haftungsfreistellung, die ein Kraftfahrzeugvermieter gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts bei Beschädigung des Fahrzeugs durch einfache Fahrlässigkeit gewährt, greift ungeachtet des Haftungsausschlusses in § 12 der Muster-AKB auch bei einem fahrlässigen Bedienungsfehler (hier: Fehler beim Betanken) ein.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 3 O 211/00)

 

Tenor

Das Teilversäumnisurteil vom 27.10.2003 bleibt aufrechterhalten.

Die Klägerin trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Beklagten nicht Sicherheit in derselben Höhe stellt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 2), der bei ihr am 24.7.1999 einen Kleinlastwagen, Fabrikat MAN, gemietet hatte, auf Schadensersatz in Anspruch. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsreduzierung mit Selbstbeteiligung i.H.v. 450 DM. Hierzu bestimmt Ziff. 10 der Vertragsbedingungen:

"Der Mieter kann - vorbehaltlich Ziff. 11 - seine Haftung nach Ziff. 9 durch Abschluss der Optionen "Haftungsreduzierung für alle Schäden einschl. Fahrzeugdiebstahl" (A.-interne Kurzbezeichnung "CDW") oder "Haftungsreduzierung nur für Fahrzeugdiebstahl "(A.-intern "TP") lt. den Feldern (51A) und (51B) auf der Vorderseite des Mietvertrages gegen Zahlung der entsprechenden Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung (SB) pro Schadensfall reduzieren."

Nach Ziff. 11 der Mietvertragsbedingungen entfällt die Haftungsreduzierung bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung.

Der Beklagte zu 2) tankte unmittelbar vor Rückgabe des Fahrzeugs. Hierbei füllte er Dieselkraftstoff in den Ölbehälter, dessen Einfüllstutzen sich auf der linken Fahrzeugseite neben der Fahrerkabine befindet. Für die Reparatur des beschädigten Motors wendete die Klägerin 17.050,59 DM (ohne Umsatzsteuer) auf. Sie verlangt Ersatz dieses Betrages und einer Auslagenpauschale von 50 DM. Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1) wies das LG mit Teilurteil vom 19.8.2002 ab. Den Beklagten zu 2) verurteilte es am 9.12.2002 antragsgemäß zur Zahlung von 8.743,39 Euro nebst Zinsen. Begründend führte es aus, der Beklagte habe den Schaden grob fahrlässig verursacht, denn aufgrund der Aussage des Zeugen B. sei erwiesen, dass er bei Übernahme des Fahrzeugs eine Einweisung abgelehnt habe.

Hiergegen richtet sich seine Berufung, zu deren Begründung er vorträgt, dass er den Schaden nicht grob fahrlässig verursacht habe. Der Zeuge B. habe ihn bei Übernahme des Fahrzeuges am 24.7.1999 gegen 17.30 Uhr nur kurz und oberflächlich eingewiesen. Der Zeuge sei bei der Übergabe in Eile gewesen, weil der vorherige Nutzer die Rückgabezeit von 12.00 Uhr weit überschritten habe und er zu einer Gartenparty habe gehen wollen. Dies habe er, der Beklagte, anschließend Angehörigen erzählt. Keinesfalls habe er, der Beklagte zu 2), eine Einweisung abgelehnt, zumal er das gemietete Fahrzeug nicht gekannt habe. Der Zeuge B. habe ihm bei der Übergabe des Fahrzeuges einen Bund mit zwei Schlüsseln überlassen, woraus er, der Beklagte, geschlossen habe, dass der eine Schlüssel der Fahrzeugschlüssel zum Starten und Schließen sei, der andere für den Tankverschluss. Die Beweiswürdigung des LG sei angreifbar, denn der Zeuge B. habe ein Interesse am Ausgang des Rechtstreits. Er stehe in einem Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin und ihm müsse auch daran gelegen sein, sich selbst entlasten. Schließlich habe das zweite unsachgemäße Starten des Motors durch den Zeugen Bu. den Schaden erheblich vergrößert. Dies habe der Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt.

Als Selbstbeteiligung, so das weitere Vorbringen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 25.9.2003, habe er 450 DM gezahlt.

In der mündlichen Verhandlung am 6.10.2003 erschien die ordnungsgemäß geladene Klägerin nicht. Daraufhin wies der Senat durch Teilversäumnisurteil vom 27.10.2003 unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage i.H.v. 8.513,31 Euro nebst Zinsen ab. Offen blieb die Entscheidung über die Klageforderung i.H.v. 450 DM (230,08 Euro). Nachdem die Zahlung der 450 DM unstreitig wurde, nahm die Klägerin mit Zustimmung des Beklagten die Klage in dieser Höhe zurück.

Der Beklagte zu 2) beantragt, das Teilversäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Teilversäumnisurteils die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, der Beklagte habe schon deswegen grob fahrlässig die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt, weil er Kraftstoff in den mit Ölbehälter gefüllt habe, ohne die deutliche rote Kennzeichnung des Einfüllstutzens zu beachten. Auch das Verhalten des Beklagten bei Übernahme des Fahrzeugs spreche für grobe Fahrlässigkeit. Die auf die schr...

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