Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbung einer Apotheke mit Praxisgebühr-Erstattung

 

Normenkette

UWG § 4 Nrn. 1, 11; HWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 17.11.2004; Aktenzeichen 5 O 102/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten werden das Urteil des LG Rostock vom 17.4.2004 - Az. 5 O 102/04 - und der Beschluss desselben Gerichts vom 22.9.2004 aufgehoben sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsklägerin.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die klagende Zentrale will mit der einstweiligen Verfügung die Werbung des beklagten Apothekers mit einem "Bonussystem" verhindern, mit dem dieser seinen Kunden die Erstattung der Praxisgebühren verspricht. "Bei uns bekommen Sie die Praxisgebühr zurück!" wirbt der Verfügungsbeklagte auf Faltblättern und sagt damit zu, bei Einlösen von Rezepten oder beim Einkauf in der Apotheke Bonuspunkte zu vergeben, die auf einer Bonuscard abgestempelt und bei Vollstand gegen die Erstattung der Praxisgebühr oder gegen hochwertige Markenprodukte eingetauscht werden können. Auf der Rückseite des Flyers wird zunächst die Gutschrift je eines Bonuspunktes für jedes Rezept, für einen Einkauf über 10 EUR, bei Wartezeiten länger als 10 min, bei Nicht-Verfügbarkeit des Arzneimittels und erforderlichem Zweimal-Besuch sowie bei unpünktlicher Lieferung angekündigt. Eine Auszahlung der Bonuspunkte sei leider nicht möglich. Beispielhaft wird sodann die Wertigkeit der Bonuspunkte durch Zugaben in Form von einzelnen Pflegeprodukten und Erstattungsbeträgen erläutert.

Dagegen wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrem Unterlassungsantrag, den sie mit §§ 3, 4 Nr. 1, 4, 10, § 5 UWG, § 7 Abs. 1 HMWG und § 78 AMG i.V.m. der Arzneimittel-Preisverordnung begründet.

Das LG hat am 22.9.2004 die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie nach Widerspruch und mündlicher Verhandlung am 17.11.2004 bestätigt. Es hat in der Werbung des Verfügungsbeklagten zwar keinen Verstoß gegen das HMWG gesehen, da es sich dabei nur um apothekenbezogene Imagewerbung handele, die nicht von § 7 Abs. 1 HMWG erfasst werde. Jedoch sieht das LG in der Werbung einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da die Werbung die Gesundheitsreform konterkariere und damit die Funktion der Praxisgebühr unterlaufe. Der Patient werde unsachlich beeinflusst und angelockt. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG liege darin, dass die Werbung intransparent sei und die genauen Bedingungen für die Zugabe verschleiere, weil unklar bleibe, ob Erstattung, Gutschrift, Verrechnung oder Barauszahlung erfolge. Auch die § 4 Nr. 11, § 78 AMG i.V.m. der AMPrVO seien verletzt, da mit dem Bonuspunktsystem die Preisbindung bei Arzneimitteln unterlaufen werde.

Mit seiner Berufung vom 20.12.2004 macht der Verfügungsbeklagte geltend, ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG liege deshalb nicht vor, weil nicht für bestimmte versicherungspflichtige Arzneimittel, sondern unspezifisch für den Bezug aller (rezeptpflichtigen) Arzneimittel in seiner Apotheke geworben werde. - Ferner könne eine solche allgemeine Apothekenwerbung nach der Liberalisierung des Apothekerberufsrechts durch das BVerfG und dem Wegfall der ZugabeVO nicht wettbewerbswidrig sein. Er versuche lediglich, den Besuch in seiner Apotheke unabhängig davon zu prämieren, welches Arzneimittel gekauft werde und für wen das Medikament verschrieben wurde. Ein Bezug zu den Arzneimittelpreisen sei nicht vorhanden. - Im Übrigen handele es sich bei den Bonuspunkten um Kleinigkeiten, da Zeiträume von sechs bis zwölf Monaten erforderlich seien, um eine nennenswerte Anzahl von Punkten zu sammeln.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Rostock vom 17.11.2004, Geschäftsnummer: 5 O 102/04, abzuändern, die Einstweilige Verfügung vom 22.9.2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der landgerichtlichen Entscheidung in den wesentlichen Punkten bei, hält die Berufung wegen Verstoßes gegen § 520 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO für unzulässig und im Übrigen für unbegründet, da die beanstandete Werbung jedenfalls gegen §§ 3 und 4 Nr. 4 und 11 UWG verstoße.

Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Dem Verfügungsbeklagten kann die angegriffene Werbung nicht untersagt werden.

1. Die Berufungsbegründung genügt den Zulässigkeitsanforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, denn sie enthält hinreichende Darlegungen im Sinne dieser Vorschrift, indem dort ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG sowie der Bezug der angegriffenen Werbung zu den einzelnen Arzneimitteln und deren Preisen geleugnet und die Gewährung von Bonuspunkten als unerheblich eingestuft wird. Damit sind Umstände bezeichnet, aus denen sich eine für den Bestand des Urteil...

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