Leitsatz (amtlich)

Wird ein Kreditinstitut durch Beschluss des Nachlassgerichts angewiesen, aus einem Nachlasskonto einem Dritten Beerdigungskosten zu erstatten, ist das Kreditinstitut hiergegen nicht beschwerdeberechtigt. Insbesondere bei geringfügigen Nachlässen kann das Nachlassgericht zu derartigen Anordnungen befugt sein.

 

Normenkette

FamFG § 59 Abs. 1; BGB §§ 1846, 1915, 1960

 

Verfahrensgang

AG Parchim (Beschluss vom 11.11.2011; Aktenzeichen 6 VI 496/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des AG Parchim vom 11.11.2011 bzw. vom 16.7.2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 2. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von bis zu 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Erblasserin verstarb am 26.9.2011 in einem Altenpflegeheim in P. Angehörige sind nicht bekannt. Die Ordnungsbehörde der Beteiligten zu 1. veranlasste die Bestattung und verauslagte die Bestattungskosten i.H.v. 2.171,04 EUR.

Mit Schreiben vom 6.10.2011, eingegangen beim AG am 11.10.2011, hat die Beteiligte zu 1. die Freigabe des Guthabens auf dem Sparbuch der Erblasserin bei der Beteiligten zu 2. zur Sparbuchnummer xxx i.H.v. 519,39 EUR unter Berücksichtigung eines auf dem Taschengeldkonto der Erblasserin im Altenpflegeheim befindlichen Betrages i.H.v. 1.699,51 EUR beantragt.

Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 11.11.2011 hat das AG Parchim die Beteiligte zu 2. angewiesen, von dem genannten Sparkonto einen Betrag i.H.v. 26 EUR zur Deckung der Kosten des Verfahrens an die Landeszentralkasse sowie den restlichen Guthabensaldo, begrenzt durch den schuldhaften Betrag i.H.v. 471,53 EUR, an die Beteiligte zu 1. zwecks Erstattung der Bestattungskosten auszuzahlen.

Gegen den ihr formlos am 18.11.2011 übermittelten Beschluss hat die Beteiligte zu 2. mit Schreiben vom 30.11.2011, eingegangen beim AG am 1.12.2011, Beschwerde, hilfsweise Erinnerung eingelegt.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich die Pflicht der Ordnungsbehörde der Beteiligten zu 1., für die Bestattung zu sorgen, zwar aus § 9 Abs. 3 S. 1 BestattG M-V ergebe. Ein gegen das Nachlasskonto gerichteter Zahlungsanspruch der Beteiligten zu 1. i.H.d. von ihr verauslagten Beerdigungskosten sei damit jedoch nicht unmittelbar verbunden. Der Anspruch der Beteiligten zu 1. richte sich entweder nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die nächsten Angehörigen i.S.v. § 9 BestattG M-V oder aber die Beteiligte zu 1. könne nach Feststellung der Erben die Beerdigungskosten von diesen nach § 1968 BGB zurückverlangen.

Sofern die Erben unbekannt seien, obliege es allein einem gem. § 1960 BGB zu bestellenden Nachlasspfleger, über den Nachlass und damit über das Kontoguthaben zu verfügen. Sei kein Nachlasspfleger bestellt, greife die Beteiligte zu 2. durch die Auszahlung an die Beteiligte zu 1. in den Rechtskreis der Erben ein und erledige damit ein objektiv fremdes Geschäft. Zu einer solchen Fremdgeschäftsführung sei sie nicht befugt, vielmehr verpflichtet, keine Anweisungen unberechtigter Dritter, hier der Beteiligten zu 1., auszuführen. Die Beteiligte zu 2. würde sich durch die Auszahlung an die Beteiligte zu 1. der Gefahr eines Rückforderungsanspruchs der Erben aussetzen, weil die Auszahlung mangels Erfüllungswirkung erneut an den Nachlass auszukehren wäre. Die Anordnung gem. des angefochtenen Beschlusses lasse sich auch nicht auf § 1960 BGB stützen, da diese Vorschrift nicht auf das Fürsorgebedürfnis eines Nachlassgläubigers, sondern das der Erben abstelle. Es müsse sich also um eine fürsorgerische Sicherungsmaßnahme im vermögensrechtlichen Interesse der Erben handeln. Zu deren Lasten dürfe das Nachlassgericht nur in dringenden Fällen Verbindlichkeiten aus vorhandenen Aktiva erfüllen. Da die Bestattung durch das von der Beteiligten zu 1. beauftragte Unternehmen bereits vorgenommen worden sei, sei nicht ersichtlich, dass diese Voraussetzung erfüllt sei.

Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde/Erinnerung nicht abgeholfen. Es handele sich um ein Verfahren zur Sicherung des Nachlasses. Bei Unklarheit über die Erben und dem Vorliegen eines Fürsorgebedürfnisses habe das Nachlassgericht die Pflicht, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. In der Wahl der entsprechenden Mittel sei es frei. Ein Fürsorgebedürfnis liege vor, wenn sich niemand um den vorhandenen Nachlass kümmere und die mutmaßlichen Erben an der Sicherung des Nachlasses ein Interesse hätten. Vorliegend seien keine Erben bekannt, so dass das Ordnungsamt gem. § 9 BestattG M-V die Bestattungspflicht wahrgenommen habe. Für die Bestattungskosten hafte gem. § 1968 BGB der Erbe. Die Erblasserin habe Barvermögen hinterlassen. Um den Nachlass schuldenfrei zu halten und den bereinigten Wert durch Hinterlegung zu sichern, habe das Nachlassgericht die Möglichkeit, eine Nachlasspflegschaft einzurichten. Der Pfleger würde im Rahmen der Verwaltung die Bestattungskosten begleichen und nach Entnahme seiner Vergütung den eventuell verbleibenden, bereinigten, Nachlass zur Sicherung hinterlegen. Das Nachla...

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