Leitsatz (amtlich)

1. Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung eines angefochtenen Unterhaltsbeschlusses setzt voraus, dass das Rechtsmittel nicht ohne Aussicht auf Erfolg ist und der Beschwerdeführer glaubhaft macht, die Vollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil.

2. Ein nicht zu ersetzender Nachteil kann auch darin liegen, dass die zwangsweise beigetriebenen Beträge bei einem Erfolg des Rechtsmittels wegen Vermögenslosigkeit des Unterhaltsgläubigers nicht zurückerlangt werden könnten.

 

Verfahrensgang

AG Rostock (Aktenzeichen 13 F 100/10)

 

Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG - Familiengericht - Rostock vom 5.11.2010 - 13 F 100/10 - wird einstweilen bis zur Entscheidung über die Beschwerde eingestellt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 5.11.2010 (GA 68) hat das AG den Antragsgegner im Wesentlichen zur Zahlung des Mindestunterhalts und eines Unterhaltsrückstandes verurteilt und insoweit die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet. Der Beschluss ist der Antragsgegnerseite am 9.11.2010 zugestellt worden (GA 74b).

Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 7.12.2010 bei dem AG eingegangenen Beschwerde (GA 75). Auf den am 10.1.2011 (Montag) bei dem OLG eingegangenen Antrag (GA 90) ist die Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 9.2.2011 verlängert worden (GA 91). Die Beschwerdebegründung ist am 9.2.2011 bei dem OLG eingegangen (GA 93). Neben der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt der Antragsgegner, die Vollziehung des Beschlusses auszusetzen. Durch die Durchsetzung der Entscheidung drohe ihm ein schwerer, nicht wieder gut zu machender Schaden. Entscheidend sei sein Selbstbehalt. Bei einer Vollstreckung würde in sein Existenzminimum eingegriffen. Eine Rückforderung sei schwer durchsetzbar, weil die Antragsteller über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügten. In der Sache sei der angefochtene Beschluss falsch. Die Jugendamtsurkunden seien errichtet worden, nachdem das Jugendamt als Beistand der Antragsteller tätig geworden sei. Die Erklärungen seien für die Antragstellerinnen bindend. Eine Abänderung sei erst nach zwei Jahren (§ 1605 Abs. 2 BGB) oder bei wesentlicher Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zulässig. Eine wesentliche Änderung sei aber nicht dargelegt worden. Im Übrigen sei er - der Antragsgegner - zwischenzeitlich Vater des am 25.9.2010 geborenen Mikel Mats Block geworden. Zudem arbeite er wöchentlich 40 Stunden als Tischler im öffentlichen Dienst und etwa 8 Stunden nebenberuflich als Hausmeister. Darüber hinaus würden die Antragstellerinnen von Donnerstag beziehungsweise Freitag bis Dienstag von ihm betreut. Auch seien Fahrtkosten und Zinslasten für das ehemals gemeinsame Haus in Abzug zu bringen.

Die Antragsteller treten dem Aussetzungsantrag entgegen. Der Antragsgegner habe zu seinem Einkommen nicht vorgetragen.

Auf den Hinweis des Senats (GA 110R), die Nachteilsgefahr sei nicht glaubhaft gemacht und eine Einstellung dürfe im Übrigen allenfalls gegen Sicherheitsleistung in Betracht kommen, hat der Antragsgegner ausgeführt, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerinnen seien unstreitig und bei Zahlung könne er die Kreditraten für das Haus nicht tragen (GA 115).

II. 1. Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Dabei ist unbeachtlich, ob der Unterhaltspflichtige in erster Instanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG gestellt oder unterlassen hat (OLG Bremen FamRB 2011, 48).

2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Die Zwangsvollstreckung aus dem wirksamen (§ 116 Abs. 3 S. 2-3 FamFG) und damit vollstreckbaren (§ 120 Abs. 2 S. 1 FamFG) Beschluss des Familiengerichts kann auf Antrag einstweilen bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel eingestellt oder beschränkt werden (§§ 707 Abs. 1 S. 1, 719 Abs. 1 S. 1 ZPO, 120 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 FamFG), wenn

  • das Rechtsmittel zulässig und in der Sache nicht ohne Aussicht auf Erfolg ist (OLG Hamm Beschl. v. 7.9.2010 - 11 UF 155/10; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, FamFG, § 120 Rz. 13; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, § 120 Rz. 4) und
  • der Schuldner glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (§ 120 Abs. 2 S. 3 FamFG).

Dabei steht die Entscheidung - anders als die des erstinstanzlichen Gerichts nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG - im Ermessen des Beschwerdegerichts (Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, a.a.O., § 120 Rz. 13). Im Rahmen des Ermessens kann das Beschwerdegericht die Einstellung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (Meysen/Balloff/Finke/Kindermann/Niepmann/Rakete-Dombek/Stötzel, FamFG, § 120 Rz. 5; Keidel/Weber, a.a.O., § 120 Rz. 18; a.A. für die Anordnung nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG Keidel/Weber, a.a.O., § 120 Rz. 14). Bestehen Zweifel an den Voraussetzungen, ist der Antrag des Schuldners zugunsten des Gläubigers abzulehnen (OLG Saarbrücken MDR 1997, 1157; OLG Köln NJW-RR 1987, 189).

a) Die summarische Prüfung ergibt, dass das Rechtsmittel des Antragsgegners nicht ohne Aussicht a...

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