Verfahrensgang

AG Rostock (Beschluss vom 02.03.2001; Aktenzeichen 14 F 440/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird derBeschluß des Amtsgerichts Rostock – Familiengericht – vom02.03.2001, Az.: 14 F 440/00, aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers auf Rückführung des Kindes L. C. G. nach Kanada wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten werden der Antragsgegnerin auferlegt, die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Rückführung des am 25.09.1998 geborenen gemeinsamen Kindes L. nach Kanada. Antragsteller ist der Vater des Kindes, ein naturalisierter Kanadier, Antragsgegnerin ist die Mutter, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Parteien hatten am 30.12.1993 in Medicine Hat, Provinz Alberta (Kanada) geheiratet. Am 19.06.1999 schlossen sie vor dem Court of Queen's Bench of Medicine Hat eine Trennungsvereinbarung, worin beide gemeinsam das Sorgerecht für L. übernahmen. Am 20.06.1999 zog die Antragsgegnerin mit dem Kind aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung in einen Wohnwagen. Von Dezember 1999 bis zur Abreise aus Kanada lebte sie mit dem Kind bei Freunden in Kanada.

In der Zeit vom 20.03.2000 bis einschließlich 03.04.2000 hielt sich die Antragsgegnerin mit L. im Einverständnis mit dem Antragsteller urlaubshalber bei ihren Eltern in Deutschland auf. Am 03.04.2000 teilte sie dem Antragsteller telefonisch mit, daß sie mit dem Kind nicht nach Kanada zurückkehren werde. In der Folgezeit wurde in Kanada auf Anzeige des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin Haftbefehl erlassen. Obwohl der Antragsteller seine Anzeige gegen die Antragsgegnerin später zurückgenommen hat, hat die Staatsanwaltschaft in Medicine Hat die Aufhebung des Haftbefehls abgelehnt. Mehrere Versuche des Gerichts, hei dem zuständigen Crown Prosecutor oder dem General Prosecutor in Medicine Hat die Aufhebung des Haftbefehls zu erreichen, blieben ohne Erfolg, weil der jeweils zugesagte telefonische Rückruf nicht erfolgte.

Mit dem beim Amtsgericht Rostock am 23.11.2000 eingegangenen Antrag vom 21.11.2000 hat der Antragsteller die Rückführung des Kindes nach Kanada begehrt. Das Familiengericht hat diesem Antrag mit dem angefochtenen Beschluß vom 02.03.2001 stattgegeben und die Rückführung des Kindes nach Kanada angeordnet. Die Voraussetzungen für die Rückführungspflicht nach Art. 12 i.V.m. Art. 3 HKÜ seien gegeben, ein Ausnahmetatbestand nach Art. 13 HKÜ liege nicht vor. Insbesondere seien keine ungewöhnlich schwerwiegenden Beeinträchtigen des Kindeswohls durch die Rückführung ersichtlich. Von der Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens hat das Familiengericht mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit des Verfahrens abgesehen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragsgegnerin mit der am 21.03.2001 eingelegten Beschwerde. Sie macht geltend:

  1. Der Antragsteller habe vor der Verbringung des Kindes nach Deutschland die elterliche Sorge nicht ausgeübt, die Voraussetzungen des Art. 3 (1) b) HKÜ seien deshalb nicht erfüllt. Seit der Trennung habe die Antragsgegnerin alle das Kind betreffenden Fragen alleine entschieden. Selbst sein Besuchsrecht habe der Antragsteller nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur auf Betreiben der Antragsgegnerin wahrgenommen.
  2. Der Antragsteller habe den Verbleib des Kindes in Deutschland mit Telefonat vom 05.04.2001 genehmigt. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts habe der Antragsteller hierbei nicht lediglich ein Vertragsangebot gemacht, sondern eine Genehmigung ausgesprochen.
  3. Eine Rückführung des Kindes wäre mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen und seelischen Schadens verbunden, damit sei der Ausnahmetatbestand des Art. 13 (1) b) HKÜ erfüllt. Die Gefahr ergebe sich daraus, daß

    1. L. das Klima in Alberta nicht vertrage und infolgedessen an einem chronischen Asthma gelitten habe. Untersuchungen im Auftrag der kanadischen Regierung hätten 1998/99 ergeben, daß zwischen der dort herrschenden Luftverschmutzung und asthmatischen Erkrankungen insbesondere bei Kleinkindern ein Kausalzusammenhang bestehe. Seit Beginn seines Aufenthalts in Deutschland sei diese Erkrankung bei L. E ausgeheilt; eine Rückführung würde die Gefahr eines erneuten Aufbrechens der Krankheit mit sich bringen.
    2. die Trennung von der Mutter und die zwangsweise Rückführung nach Kanada die psychosoziale Entwicklung des Kindes schwer belasten würde.

Zum Beweis für die genannten Gründe bezieht sich die Antragsgegnerin für Punkt a) auf ein umweltmedizinisches und für Punkt b) auf ein familienpsychologisches Gutachten.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt,

  1. den Beschluß des Amtsgerichts Rostock vom 02.03.2001 aufzuheben;
  2. die Anträge des Antragstellers abzuweisen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er habe dem Deutschlandaufenthalt des Kindes lediglich für die Zeit vom 20.03. bis 03.04.2000 zugestimmt. Er habe ein sehr inniges Verhältnis zu seinem Sohn; dieser habe sich stets sehr gefreut, wenn er ihn abgehol...

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