Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsannahme

 

Leitsatz (amtlich)

Erbschaftsannahme durch konkludentes Verhalten (hier: Anbieten des Nachlaßgrundstückes zum Verkauf)

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Erbschaftsannahme durch konkludentes Verhalten (hier: Anbieten des Nachlassgrundstücks zum Verkauf).

 

Normenkette

BGB §§ 1944, 1944 Abs. 2, § 242

 

Gründe

Zwar ist entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung die Erklärung der Erbausschlagung fristgemäß erfolgt und das Vorgehen der Beklagten ist auch nicht rechtsmißbräuchlich. Bei gewillkürter Erbfolge hat der Gesetzgeber in § 1944 Abs. 2 Satz 2 BGB die Testamentseröffnung zur weiteren Voraussetzung für den Fristbeginn gemacht zusätzlich zu der in Absatz 2 Satz 1 BGB der Vorschrift geforderten Kenntnis, ohne zwischen den verschiedenen Möglichkeiten der Verfügungen von Todes wegen zu differenzieren. Er hat so für diese Erbfolge orientiert an den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eine einheitliche Regelung geschaffen, der beispielsweise bei der Existenz mehrerer Verfügungen von Todes wegen besondere Bedeutung zukommen kann. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken sind demgegenüber nicht erkennbar.

Rechtsmißbräuchlich kann das Vorgehen der Beklagten bereits deswegen nicht sein, weil die Entscheidung über den Zeitpunkt der Einleitung von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen allein bei den Pflichtteilsberechtigten liegt. Es liegt daher grundsätzlich auch in deren Verantwortungs- und Risikobereich, auf welche ggf. veränderte rechtliche Situation sie dann treffen und wie sie rechtlich darauf reagieren können.

Das Landgericht hat aber dem Umgang der Beklagten mit dem Nachlaß zu Recht die Annahme der Erbschaft durch schlüssiges Verhalten entnommen.

Die Versuche der Berufung, das Vorgehen der Beklagten – insbesondere bei der Abgabe der Verkaufsangebote – lediglich als Nachlaßverwaltungsmaßnahmen einer „vorläufigen Erbin” darzustellen, gehen fehl. Die vorprozessualen Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten – insbesondere die vom 14.10.1993 – zeigen, daß die Beklagte sich durchaus als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes fühlte und auf dieser Rechtsposition auch die Wahrnehmung ihrer Interessen – wie den Behalt des Erbes, die Abwehr von Pflichtteilsansprüchen und die Beendigung der Versorgung des Heyo Watermann – stützte.

Das geht weit über bloße verwaltende Maßnahmen bis zur endgültigen Klärung der Erbenstellung hinaus. Besonders deutlich kommt das in dem Verkaufsangebot an Hermann Watermann zum Ausdruck. Der erst auf das Anspruchsschreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 25.11.1993 unternommene spätere Versuch im Schreiben vom 08.12.1994, ihre Position wieder offen zu halten, mußte erfolglos bleiben, da das maßgebliche Auftreten der Beklagten zuvor nur den Schluß auf ihren Annahmewillen zuläßt und sie sich daher auch als Annehmende behandeln lassen muß. Ein etwaiges Fehlen ihres Annahmewillens dabei ist demgegenüber unbeachtlich.

Auch dem Anbieten des Grundstücks über einen Makler kommt diese objektive die Erbschaftsannahme belegende Außenwirkung zu. Dementsprechend haben auch die Verfahrensbevollmächtigten der Kläger mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren reagiert. Nur die Beklagte konnte berechtigterweise als Erbin nach ihrem Ehemann so vorgehen.

Als bloße zwischenzeitige Verwaltungsmaßnahme für den Nachlaß – bis zur Klärung der Erbschaftsfrage – gibt das keinen Sinn. Soweit auch die Berufung betont, der Sohn Hans der Beklagten habe „eigeninitiativ” den Makler beauftragt, wird dadurch – worauf bereits das Landgericht zutreffend abstellt – nicht ausgeräumt, daß das nicht im Einklang mit dem Vorhaben der Beklagten zu bringen ist. Vielmehr war das gesamte Vorgehen bezüglich des Nachlasses insbesondere des Hausgrundstückes im Familienverband der Beklagten erörtert und abgestimmt, wie nicht zuletzt die anschließende Erbausschlagung auch durch die beiden anderen Kinder der Beklagten zeigt. Das wird auch durch die Berufung nicht ernsthaft in Frage gestellt. Daß ihre Kinder insoweit ohne jeglichen Kontakt zu ihrer Mutter gehandelt hätten, läßt nicht einmal die Beklagte vortragen.

Läßt sich aber die Beauftragung des Maklers in die Gesamtstrategie bei der Behandlung der Erbschaftsfrage einordnen, muß sich die Beklagte, die mit einer solchen Maklerofferte verbundene Indizwirkung für eine Annahme der Erbschaft zurechnen lassen, unabhängig davon, wer gegenüber dem Makler dann letztlich „initiativ” geworden ist. Nach außen läßt diese Art und Weise nur den Schluß zu, daß die Beklagte von dem ihr allein zustehenden Verfügungsrecht Gebrauch machen wollte. Ein etwaiger intern gebliebener Vorbehalt, dies geschehe nur zu Testzwecken – ob nun für die Beklagte selbst, wie zunächst vorgetragen, oder für den als Erben in Aussicht genommenen Sohn Hans – läßt diese Erklärungswirkung – wie ausgeführt – nicht entfallen.

Muß aber von einer Erbschaftsannahme über konkludentes Verhalten ausgegangen werden, vermag die danach erklärte Ausschlagung der Erbschaft keine Wirkung me...

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