Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unterhaltsverpflichteten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Unterhaltsschuldner, der nach längerer Zeit der Trennung von der Unterhaltsgläubigerin Scheidung der Ehe beantragt hat, kann nach diesem Zeitpunkt konkrete Fahrtkosten für Fahrten von seiner Wohnung zu einem ca. 50 km entfernt gelegenen Arbeitsplatz nicht mehr als berufsbedingte Kosten absetzen.

2. Dem auf Ehegatten- und Kindesunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltsschuldner kann es unterhaltsrechtlich versagt sein, Zahlungen für ein Haus, welches sowohl ihm, als auch der von ihm länger als ein Jahr getrennt lebenden Ehefrau gehört, in vollem Umfang von seinem bereinigten Nettoeinkommen abzusetzen. Anderenfalls würde Vermögensbildung zu Lasten des Staates betrieben werden.

Sofern kein angemessener Unterhalt gezahlt werden kann, können Zahlungen für ein Haus unterhaltsrechtlich eventuell auch gar nicht hingenommen werden.

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 1, § 1603 Abs. 1-2, §§ 1361, 1601

 

Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 52 F 3026/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.7.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Oldenburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte für die Zeit von April bis Juni 2003 einen monatlichen ehezeitlichen Unterhalt i.H.v. 254 Euro und ab Juli 2003 einen solchen i.H.v. 348 Euro zu zahlen.

Die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten werden dem Kläger zu 70 % und der Beklagten zu 30 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Kindesunterhalt und ehezeitlichen Unterhalt.

Aus der Ehe der Parteien, die seit dem 30.10.1987 verheiratet sind, ist der am 28.9.1989 geborene Sohn ... hervorgegangen, der bei der Beklagten lebt und von dieser betreut wird.

Der Kläger ist bei der Firma ... in ... beschäftigt. Er lebt derzeit bei seiner nichtehelichen Lebenspartnerin.

Die Beklagte ist von Beruf Einzelhandelskauffrau. Diesen Beruf hat sie während der Zeit des Zusammenlebens nicht ausgeübt. Sie hat eine geringfügige Tätigkeit im sozialen Hilfsdienst des ... verrichtet. Ihre derzeitigen Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung hat sie zuletzt mit 364 Euro monatlich angegeben. Sie bezieht Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetzes. Vom Träger der Sozialhilfe ist sie ermächtigt worden, die Unterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Parteien haben im Mai 1999 das Hausgrundstück ... in ... jeweils zur Hälfte zu Eigentum erworben. Die monatliche Belastung zur Finanzierung des Hauses beträgt 966 Euro.

Die Trennung der Parteien erfolgte im Jahre 2001, zunächst innerhalb der ehelichen Wohnung. Im April 2002 zog der Kläger aus.

Die Beklagte ist Anfang März 2003 aus der Ehewohnung ausgezogen, worüber sie den Kläger mit einem Schreiben vom 7.3.2003 Mitteilung gemacht hat. Sie wohnt jetzt in ... in einem Haus, welches einer Erbengemeinschaft gehört, der auch sie angehört.

Der Kläger hat sich durch Urkunde des ... vom 23.4.2002 (Urkundenregisternummer 241/2002) verpflichtet, seinem Sohn ... ab 1.4.2002 monatlich 135 % des Regelbetrags, vermindert um das hälftige Kindergeld, zu zahlen.

Außerdem ist der Kläger seiner am 18.3.1997 geborenen nichtehelichen Tochter ... zum Unterhalt verpflichtet.

Mit der Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass er der Beklagten ab Januar 2003 keinen Trennungsunterhalt mehr schulde. Diesen Teil der Klage haben die Parteien mit Rücksicht auf ein in dem Rechtsstreit 52 F 3108/02 AG Oldenburg ergangenes Urteil übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Außerdem hat der Kläger mit seiner Klage das Ziel verfolgt, die vorgenannte Jugendamtsurkunde dahin abzuändern, dass er dem gemeinsamen Sohn ... ab Januar 2003 keinen Unterhalt mehr schuldet. Zur Begründung hat er auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse verwiesen.

Der Kläger hat beantragt, in Abänderung der Jugendamtsurkunde den dort titulierten Unterhalt, beginnend ab Januar 2003, auf 0 Euro herabzusetzen.

Die Beklagte hat Zurückweisung der Klage beantragt.

Im Wege der Widerklage hat sie beantragt, den Kläger zu verurteilen, an sie für die Zeit ab März 2003 einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 560 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit bis zur Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass nach Ablauf des Trennungsjahres von dem Einkommen des Klägers nur noch Zahlungsverpflichtungen in angemessenem Umfang abgesetzt werden könnten.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das AG - FamG - Oldenburg hat durch Urteil vom 16.7.2003 die vorgenannte Jugendamtsurkunde dahin abgeändert, dass der Kläger seinem Sohn ... für Januar und Februar 2003 jeweils 12 Euro und ab März 2003 monatlich 41 Euro Unterhalt schuldet. Die Widerklage hat es abgewiesen.

Die Ent...

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