Leitsatz (amtlich)

Schadensersatzpflicht des Notars bei fehlender Aufklärung über Schenkungssteuer.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 14.01.2009; Aktenzeichen 5 O 2894/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Oldenburg vom 14.1.2009 - 5 O 2894/08, geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.921,26 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.2.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung notarieller Belehrungspflichten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte beurkundete am 8.12.2005 einen Vertrag, mit dem der Schwiegervater der Klägerin,..., sich verpflichtete, sein Eigentum an einem Grundstück in ... gegen Übernahme der bestehenden Belastungen, ansonsten ohne Gegenleistung, zu je ½ auf seinen Sohn,..., und die Klägerin zu übertragen.

Gegen die Klägerin wurde aufgrund des Erwerbsvorganges durch das Finanzamt ... mit Bescheid vom 16.4.2007 Schenkungssteuer i.H.v. 2.268 EUR festgesetzt.

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte die Klägerin bei der Beurkundung auf die mögliche Verpflichtung zur Zahlung von Schenkungssteuer hätte hinweisen müssen.

Mit der Klage hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe der gezahlten Schenkungssteuer abzgl. ersparter Notargebühren für einen zweiten Übertragungsvorgang sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt.

Wegen der Darstellung des Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG in dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die steuerlichen Folgen des beurkundeten Geschäftes hinzuweisen. Es hat auf die Rechtsprechung des BGH zum Umfang der Rechtsbelehrungs- und allgemeinen Betreuungspflicht des Notars aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO verwiesen, wonach regelmäßig keine Pflicht bestehe, auf steuerliche Folgen des beurkundeten Geschäfts hinzuweisen.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie meint, der Beklagte sei aufgrund der ihm bekannten besonderen Umstände, die zum Abschluss des Vertrages geführt hätten, verpflichtet gewesen, wenigstens den Hinweis zu erteilen, sich anderweitig steuerrechtlich beraten zu lassen. Dazu verweist sie darauf, dass unstreitig zunächst ein Vertrag entworfen worden sei, nach dem das Grundeigentum nur auf den Ehemann der Klägerin habe übertragen werden sollen, dann aber in Abkehr von dem ursprünglichen Entwurf die Übertragung auch an sie, die Klägerin, zu ½ vorgenommen worden sei. Die steuerliche Gefahrenlage sei - für den Beklagten offenkundig - von den Beteiligten nicht erkannt worden. Hätte er auf die Möglichkeit des Anfalls von Schenkungssteuer infolge der letztlich gewählten Übertragungsform hingewiesen, hätte sie, die Klägerin, die steuerlichen Folgen von einem Fachmann prüfen lassen und sich für die Alternative der sog. 'Kettenübertragung', d.h. der Übertragung zunächst auf ... und anschließend zu ½ auf sie, die Klägerin, entschieden. Wegen der hierbei den jeweiligen Erwerbern zustehenden Freibeträge wäre diese Übertragung, was ebenfalls unstreitig ist, steuerneutral gewesen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Oldenburg vom 14.1.2009 (Az. 5 O 2894/08) den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.921,26 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.2.2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, dass er ggü. der Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, auf die mögliche Entstehung von Schenkungssteuer hinzuweisen. Er behauptet, dass die Klägerin gewusst habe, dass Schenkungssteuer anfallen würde. In diesem Zusammenhang verweist er darauf, dass unstreitig derselbe Grundbesitz bereits im Jahre 2002 Gegenstand eines Übertragungsvorganges gewesen sei, nämlich von dem Ehemann der Klägerin und dessen geschiedener Ehefrau auf seinen Vater,... Hierbei seien, wie der Beklagte weiter behauptet, die steuerlichen Konsequenzen einer unentgeltlichen Übertragung allen Beteiligten bekannt geworden. Jedenfalls müsse sich die Klägerin das Wissen ihres Schwiegervaters, der die wesentlichen zum Vertragsschluss im Jahre 2005 führenden Verhandlungen mit ihm, dem Beklagten, geführt habe, zurechnen lassen. Im Übrigen sei offensichtlich und jedermann bekannt, dass eine Schenkung eine Schenkungssteuerpflicht begründen könne.

Eine etwaige Verletzung der in § 8 ErbStDV normierten Hinweispflicht begründe keinen Schadensersatzanspruch der jeweiligen Vertragsparteien gegen den Notar, da die Vorschrift nicht deren Schutz, sondern nur den der Finanzbehörden bezwecke.

Eine Kettenbeurkundung wäre darüber hinaus vorliegend nicht in Betracht gekommen, weil di...

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