Leitsatz (amtlich)

1. Scheitert die Abbuchung der Erstprämie durch den Versicherer mangels Deckung auf dem Konto des Versicherungsnehmers und verschieben die Vertragsparteien daraufhin den Versicherungsbeginn um zwei Monate, so handelt es sich bei der dann zu zahlenden Prämie um die Erstprämie.

2. Durch die erweiterte Einlösungsklausel des § 8 Nr. 3 AFB 87 wird keine Belehrungspflicht des Versicherers begründet.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 27.06.2003; Aktenzeichen 13 O 3673/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.6.2003 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte nach einem Brandschaden im Wege der Teilklage aus zwei Feuerversicherungsverträgen in Anspruch.

Der Kläger schloss bei der Beklagten im August 2001 für eine zu seinem Gewerbebetrieb gehörende Halle „gebündelte” Sachversicherungen ab, durch die zum einen das Gebäude und zum anderen dessen Inhalt versichert wurden.

Versicherungsbeginn sollte der 1.9.2001 sein. Nachdem ein Versuch der Beklagten, die Prämien verabredungsgemäß vom Konto des Klägers abzubuchen, mangels Deckung gescheitert war, wurde der Versicherungsbeginn auf Wunsch des Klägers auf den 1.11.2001 verlegt. Ansonsten blieb es bei den vereinbarten Bedingungen. Mit Schreiben der Beklagten vom 16.10.2001 erhielt der Kläger die neuen Versicherungsscheine übersandt sowie Überweisungsformulare mit der Bitte um Überweisung der Prämien in den nächsten Tagen. Dies geschah nicht. Auch Mahnungen vom 9.12.2001 und 29.1.2002 blieben erfolglos. Am 21.3.2002 wurde das versicherte Gebäude nebst Inhalt durch einen Brand weitgehend zerstört. Tags darauf, am 22.3.2002, zahlte der Kläger die Prämien bar an einen Versicherungsagenten der Beklagten.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nach § 38 VVG leistungsfrei. Zwar könne sich die Beklagte nicht auf § 38 Abs. 2 VVG berufen, weil sie den Kläger nicht über die Gefahr des rückwirkenden Wegfalls des Versicherungsschutzes bei nicht unverzüglicher Prämienzahlung belehrt habe. Sie sei aber nach § 38 Abs. 1 S. 2 VVG leistungsfrei. Die Entgegennahme der Erstprämie durch den Agenten am Tage nach dem Brand stehe der Leistungsverweigerung der Beklagten nach Treu und Glauben nicht entgegen.

Mit seiner frist- und formgerecht eingelegten Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, § 38 VVG sei nicht einschlägig, weil es sich bei den zum 1.11.2001 fälligen Prämien nicht um Erst-, sondern um Folgeprämien gehandelt habe. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, stehe der Beklagten kein Leistungsverweigerungsrecht zu. § 38 Abs. 2 VVG komme aus den vom LG genannten Gründen nicht in Betracht und auf § 38 Abs. 1 S. 2 VVG könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht berufen, weil sie nicht nur die Erstprämie am Tage nach dem Brand entgegengenommen habe, sondern zum 1.5.2002 auch noch die Folgeprämien verlangt und erhalten habe.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.500 Euro aus der Gebäude-Feuerversicherung (400.067.184.660) sowie 1.000 Euro aus der Inhalts-Feuerversicherung (400.067.183.965) jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Beklagte ist nach § 38 VVG leistungsfrei.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den am 1.11.2001 fälligen Prämien um Erstprämien i.S.v. § 38 VVG. Hierunter ist bei laufender Prämienzahlungsverpflichtung die erstmals zu entrichtende Prämie zu verstehen (BGHZ 21, 122 [132]). So liegt der Fall hier. Dabei kann dahin stehen, ob die Parteien im Oktober 2001 einen neuen Vertrag geschlossen haben oder ob der alte Vertrag unter Wahrung der Vertragsidentität nur abgeändert werden sollte. Auch in letzterem Fall haben sich die Parteien jedenfalls unstreitig darauf geeinigt, dass der Vertragsbeginn, und damit der Zeitpunkt, zu dem Prämien erstmals zu entrichten waren, vom 1.9. auf den 1.11.2001 verschoben wurde. Dass die ersten Prämien ursprünglich zum 1.9.2001 zu zahlen gewesen wären, ist danach ohne Belang.

Die Versicherungsscheine sind dem Kläger mit der Bitte um Überweisung der Prämien „in den nächsten Tagen” unter dem 16.10.2001 übersandt worden.

Die Erstprämien waren daher sofort nach Ablauf der vierzehntägigen Einspruchsfrist (§§ 35, 5a VVG) spätestens Anfang November 2001 fällig, sind jedoch unstreitig bis zum Eintritt des Versicherungsfalls am 21.3.2002 nicht gezahlt worden. Grundsätzlich kommt danach eine Leistungsfreiheit der Beklagten sowohl nach § 38 Abs. 2 VVG in Betracht, als auch aufgrund eines fiktiven Rücktritts nach § 38 Abs...

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