Leitsatz (amtlich)

Die Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV kommt in Sorgerechtsverfahren ohne mündliche Verhandlung nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Beschluss vom 12.03.2009; Aktenzeichen 20 F 1221/08 SO)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Lingen vom 12.3.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. In dem abgeschlossenen Hauptsacheverfahren beantragte die Antragstellerin, das alleinige Sorgerecht für die beiden aus der Ehe mit dem Antragsgegner stammenden gemeinsamen Kinder auf sie zu übertragen. Der Antragsgegner stimmte einer entsprechenden Regelung zu. Im Einverständnis mit beiden Parteien übertrug das AG sodann im schriftlichen Verfahren am 11.2.2009 die elterliche Sorge für die Kinder auf die Antragstellerin.

Die Antragsgegnervertreter beantragten darauf hin die Festsetzung ihrer Kosten als beigeordnete Rechtsanwälte einschließlich einer Terminsgebühr i.H.v. 226,80 EUR zzgl. Mwst. Der Kostenbeamte lehnte die Festsetzung der Terminsgebühr am 19.2.2009 ab. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde durch den angefochtenen Beschluss des AG - FamG - Lingen vom 12.3.2009 zurückgewiesen.

II. Die gemäß § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Antragsstellervertreter ist nicht begründet. Eine Terminsgebühr ist zu Recht nicht festgesetzt worden. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Die Festsetzung einer Terminsgebühr kommt deshalb nur gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV in Betracht. Dies setzt voraus, dass das Sorgerechtsverfahren unter die in dieser Vorschrift genannten Verfahren fällt, für die die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.

Der Senat sieht ein Sorgerechtsverfahren nicht als ein von dem Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV erfasstes Verfahren an. Eine mündliche Verhandlung ist gerade nicht vorgeschrieben, sondern nur eine persönlich, also mündlich erfolgende Anhörung der Eltern des Kindes gemäß § 50a Abs. 1 Satz 2 FGG. Sie kann im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgen, muss es aber nicht. Schon dem Wortlaut nach ist die Anhörung selbst keine "mündliche Verhandlung". Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass eine Erörterung stattfindet und Anträge gestellt werden. Dagegen dient die Anhörung vornehmlich der Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des § 12 FGG und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks.

Für eine über den Wortlaut hinausgehende weite Auslegung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV besteht kein Anlass. Denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Verfahren im FGG, auf die sich die Regelungen im Teil 3 des RVG-VV erstrecken, an dieser Stelle übersehen und deshalb nicht in die Ausnahmevorschrift des Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV nicht aufgenommen hat (ebenso OLG Düsseldorf, NJW-Spezial 2009, 156; OLG Koblenz, FamRZ 2008, 1971; OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 233, 234; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 3104, Rz. 29 und 30; a.A. OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2007, 475). Soweit der BGH für ein Verfahren in Wohnungseigentumssachen nach altem Recht anders entschieden hat (BGH NJW 2006, 2495), ist der Sachverhalt nicht vergleichbar, weil in diesen Verfahren grundsätzlich eine mündliche Verhandlung stattfindet (§ 44 WEG a.F.). Auf diesen Unterschied zu anderen Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit hat der BGH in seiner Entscheidung auch ausdrücklich hingewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2147638

NJW 2009, 2965

FamRZ 2009, 1859

AGS 2009, 219

AG/KOMPAKT 2009, 67

OLGR-Nord 2009, 532

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