Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Beendigung der Nachlaßpflegschaft bei Erledigung nur eines wesentlichen Teils des Wirkunsgkreises

 

Leitsatz (redaktionell)

Keine Beendigung der Nachlasspflegschaft bei Erledigung nur eines wesentlichen Teils des Wirkungskreises.

 

Normenkette

BGB §§ 1960, 1918 Abs. 3; FGG Art. 18; FGG § 60 Abs. 1, § 18; BGB § 1918

 

Tatbestand

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind durch Beschluß des Amtsgerichts Wilhelmshaven vom 13.2.1995 als Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben der Verstorbenen bestellt worden, der Beteiligte zu 1. mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und die Beteiligte zu 2. mit dem Wirkungskreis der Ermittlung der Erben und der Zustimmung gemäß § 1812 BGB zu Verfügungen des Beteiligten zu 1. Mit Beschluß vom 23.4.1997 hat das Amtsgericht Wilhelmshaven die Führung der Nachlaßpflegschaft für beendet erklärt, „soweit sie vom Beteiligten zu 1. für den Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses geführt war”, und gleichzeitig den bisherigen Wirkungskreis der Beteiligten zu 2. um die Bereiche Sicherung und Verwaltung des Nachlasses erweitert.

Ferner ist angeordnet worden, daß die Beteiligte zu 2. nunmehr die gesamte Nachlaßpflegschaft fortführt. Diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde vom 9.5.1997 angefochten, die das Landgericht mit dem hiermit in Bezug genommenen Beschluß als unzulässig verworfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist zulässig; sie führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29, 60 Abs. 1 Nr. 3 FGG statthaft, denn dem Pfleger steht gemäß § 60 Abs.1 Nr. 3 FGG gegen eine Verfügung, durch die er gegen seinen Willen entlassen wird, das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht -entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts- auch nicht eine fehlende Beschwer gemäß § 20 FGG entgegen, denn der Pfleger wird durch seine Entlassung aus seinem Amt – anders als bei der Aufhebung der Pflegschaft ingesamt (RGZ 151, 57; MK-Leipold BGB 3. Aufl. § 1960 Rdn. 73) – in seiner verfahrensrechtlichen Stellung, die er durch die Bestellung (§§ 1960, 1915, 1789 BGB) erhält, im Sinne des § 20 FGG beinträchtigt (so auch KG OLGZ 1971, 196; MK-Schwab BGB 3. Aufl. § 1915 Rdn. 18).

a) Der Pfleger übt ein Amt auf privatrechtlicher Grundlage aus (BGHZ 17, 115), das durch eine besondere Selbständigkeit geprägt ist; diese selbständige Stellung des Pflegers kommt auch in §§ 1915, 1837 BGB zum Ausdruck, wonach der Pfleger Weisungen des Vormundschaftsgerichts nicht entgegenzunehmen hat, wenn die zu treffende Maßregel sich im Rahmen der Zweckmäßigkeit hält und ihre Vornahme oder Unterlassung keine Pflichtwidrigkeit des Vormundes enthält (vgl. BGH aaO).

b) Die Entscheidung des Rechtspflegers stellt in ihren Wirkungen eine Entlassung im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 3 FGG dar. Hieran ändert der Wortlaut der Entscheidung, wonach die Führung der Nachlaßpflegschaft durch den Beteiligten zu 1. für den Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses für beendet erklärt worden ist, nichts. Es handelt sich nämlich nicht um eine im Gesetz nicht vorgesehene Teilbeendigung der Pflegschaft, sondern um die Aufhebung der Pflegerbestellung hinsichtlich des Beteiligten zu 1. und die Übertragung der gesamten Nachlaßpflegschaft auf die Beteiligte zu 2. Dies ergibt sich nicht nur aus dem letzten Satz der Entscheidung des Rechtspflegers, sondern auch aus den Gründen dieser Entscheidung, wonach die in den Wirkungskreis des Beteiligten zu 1. fallende Verwaltung des für die noch nicht ermittelten Erben angelegten Geldes der Beteiligten zu 2. übertragen worden ist.

2. In der Sache hält die Entscheidung des Rechtspflegers einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, § 27 Abs. 1 S. 2 FGG, § 550 ZPO. Aufgrund der fortbestehenden Nachlaßpflegschaft ist für eine Entscheidung, die Pflegschaft für beendet zu erklären, kein Raum; für eine Entlassung des Beschwerdeführers sind deren Voraussetzungen nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt.

Das Amt eines vom Nachlaßgericht bestellten Nachlaßpflegers endet grundsätzlich erst mit der Aufhebung der Pflegschaft oder vorzeitig -bei Fortdauer der Pflegschaft- durch seinen Tod oder seine Entlassung. Die Nachlaßpflegschaft endet nicht bei bloßer Zweckerreichung (Palandt-Edenhofer BGB 57. Aufl. § 1960 Rdn. 31), sondern ist durch eine entsprechende Aufhebungsentscheidung des Nachlaßgerichts zu beenden.

Für eine Entscheidung, die Pflegertätigkeit des Beschwerdeführers für beendet zu erklären, ist vorliegend kein Raum. Der Fall, daß bei mehreren Nachlaßpflegern (§§ 1960, 1915 in Verbindung mit §§ 1775, 1797 BGB) die Pflegschaft unter ihnen gemäß § 1797 Abs. 2 BGB nach bestimmten Wirkungskreisen aufgeteilt worden ist und die Besorgung der Angelegenheiten in einem der Wirkungskreise ihre Erledigu...

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