Leitsatz (amtlich)

Hat der Unterhaltspflichtige im vereinfachten Verfahren vergessen, im Abschnitt 'G' des amtlichen Formulars anzugeben, dass er nicht bereit sei, Unterhalt zu zahlen, so ist das dann unschädlich, wenn er zuvor ordnungsgemäß Auskunft über seine Auskünfte erteilt und zu erkennen gegeben hat, dass er zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage ist.

 

Normenkette

BGB § 1601; FamFG § 252

 

Verfahrensgang

AG Osnabrück (Beschluss vom 21.09.2011; Aktenzeichen 71 FH 6/11 VU)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - O. vom 21.9.2011 aufgehoben und das Verfahren an das AG zur weiteren Bearbeitung zurückverwiesen

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. in E. bewilligt.

Der Beschwerdewert wird auf 1.862 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Durch den im Tenor bezeichneten Beschluss hat die Rechtspflegerin gemäß dem Antrag des Antragstellers im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gegen den Antragsgegner Unterhalt für die Zeit ab 1.2.2011 festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die von dem Antragsgegner erhobenen Einwendungen nicht hätten berücksichtigt werden können, zumal er sein Einverständnis mit monatlichen Zahlungen i.H.v. 133 EUR erklärt habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher er nach Maßgabe seiner Begründung die Aufhebung der festgesetzten Unterhaltsverpflichtung erstrebt.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist gem. § 256 FamFG zulässig und auch in der Sache dahin gerechtfertigt, dass der angegriffene Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das AG zur weiteren Bearbeitung gemäß den §§ 254, 255 FamFG zurückzuverweisen war.

Der angefochtene Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, weil der Antragsgegner Einwendungen gegen die Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren geltend gemacht hat, die gem. § 252 Abs. 2 FamFG zulässig sind und nicht hätten zurückgewiesen werden dürfen. Keinesfalls hatte der Antragsgegner, wie die Rechtspflegerin ausgeführt hat, den Unterhalt anerkannt.

Einwendungen gegen die Festsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß den §§ 249 ff. FamFG können nur unter den in § 252 FamFG vorgesehenen Voraussetzungen erhoben werden. Gegen die Leistungsfähigkeit können Einwendungen gem. § 252 Abs. 2 Satz 1 FamFG nur erhoben werden, wenn gleichzeitig mitgeteilt wird, in welcher Höhe der Unterhaltsanspruch erfüllt und insoweit eine Verpflichtung zur Zahlung erklärt wird. Zudem ist gem. § 252 Abs. 2 Satz 3 FamFG unter Verwendung des dafür vorgesehen Formulars Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen.

Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner in dem erstinstanzlichen Verfahren genügt.

Die Tatsache, dass der Antragsgegner unter "G" kein Kreuz gesetzt hat, reicht nicht aus, ihm den Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfreiheit abzuschneiden (vgl. auch OLG Oldenburg, 14. Zivilsenat, 14 WF 3/11. Beschl. vom 5.4.2011).

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 19.4.2011 unter Beifügung des erforderlichen Formulars, ferner aber auch mit den weiteren Schriftsätzen vom 4.5. und besonders deutlich vom 11.7.2011 mitteilen lassen, dass er den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit erheben will, auch wenn in dem zur Akte gereichten Formular unter "G" kein Kreuz gesetzt worden ist. Der Antragsgegner hat sogar ausgeführt, dass er für die Zeit ab 1.1.2010 nur 0 EUR zahlen kann.

Die Rechtspflegerin hat zur Überzeugung des Senats die Anforderungen überspannt, wenn sie dennoch die Erklärungen des Antragsgegners nicht als ausreichend angesehen hat. Keinesfalls durfte darauf bestanden werden, dass der entsprechende Zahlungsbetrag "Null" unter dem Dritten Abschnitt besteht.

Eine Verpflichtungserklärung kann von einem Unterhaltsschuldner nur dann verlangt werden, wenn er sich im Stande sieht, den Unterhaltsanspruch zu erfüllen. Bei insgesamt bestehender Leistungsunfähigkeit entfällt daher die Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung nach § 252 Abs. 2 Satz 1 FamFG (vgl. auch OLG Naumburg Rpfleger 2001, 591. OLG Hamm FamRZ 2000, 360 und FamRZ 2006, 211, jeweils für den gleichlautenden § 648 Abs. 2 ZPO a.F.). Es kann nicht zu Lasten des Unterhaltsschuldners gehen, dass das Formular keine Rubrik für die vollständige Leistungsunfähigkeit vorsieht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 243 Abs. 1 FamFG, 20 Abs. 1 Satz 1 51 Abs. 1 FamGKG.

 

Fundstellen

FamRZ 2012, 997

FPR 2012, 6

FF 2012, 132

FamFR 2012, 88

FamRB 2012, 248

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge