Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Einwandes fehlender Leistungsfähigkeit bei der Unterhaltsfestsetzung im sog. "Vereinfachten Verfahren"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt der im Rahmen des "Vereinfachten Verfahrens" in Anspruch genommene Elternteil ausdrücklich, "Unterhalt nicht entrichten" zu können, steht einer Zulässigkeit der Einwendung "G" (Einwand fehlender Leistungsfähigkeit) im Vordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" nicht entgegen, dass im dritten Abschnitt des Vordruckes nicht ausdrücklich eingetragen ist, zur Leistung von Unterhalt i.H.v. "0 EUR" bereit zu sein.

2. Die Einwendung "G" (Einwand fehlender Leistungsfähigkeit) im Vordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" ist dagegen unzulässig, wenn der in Anspruch genommene Elternteil den zweiten Abschnitt des Vordruckes über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig oder offenkundig unzutreffend ausfüllt und nicht die jeweils im Vordruck ausdrücklich geforderten Unterlagen beifügt.

 

Normenkette

FamFG § 252 Abs. 2, § 256; ZPO § 648 Abs. 2, § 652

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 12.09.2011; Aktenzeichen 602 FH 8197/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 12.9.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.325 EUR

 

Gründe

I. Der Antragsgegner ist der Vater des am ... 2006 geborenen L. S., der im Haushalt seiner Mutter lebt und während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes seit 1.7.2010 vom antragstellenden Land (im Weiteren: der Antragsteller) Leistungen nach dem UVG erhält.

Am 22.7.2011 hat der Antragsteller aus übergegangenem bzw. übergehendem Recht Antrag auf Festsetzung des Unterhaltes für L. S. i.H.v. jeweils 100 % des Mindestunterhaltes abzgl. des vollen Kindergeldes für ein zweites Kind für die Zeit ab 1.7.2010 gestellt.

Der Antragsgegner ist nach am 5.8.2011 erfolgter Zustellung des Antrages an ihn am 17.8.2011 dem Antrag entgegengetreten. Dazu hat er einen Vordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" eingereicht verbunden mit einem Anschreiben, in dem es u.a. heißt "Somit ist es mir zurzeit nicht möglich Unterhalt zu entrichten". Beigefügt war eine Ablichtung der ersten Seite eines - ausdrücklich: vorläufigen - Bescheides über die "Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" vom 28.4.2011 (betreffend den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2011). In dem Vordruck waren außer der Angabe des Aktenzeichens sowie eines Datums und der Unterschrift lediglich angekreuzt die Einwände "A" ("Das vereinfachte Verfahren ist nicht zulässig") und "G" ("Ich kann den verlangten Unterhalt ... nicht oder nicht in voller Höhe zahlen"); im zweiten und dritten Abschnitt befanden sich keinerlei Angaben.

Mit Individualanschreiben vom 23.8.2011 hat die Rechtspflegerin - nach Fertigung einer Ablichtung für die Akten - den Einwendungsbogen dem Antragsgegner unter zweiwöchiger Fristsetzung zurückgesandt. Sie hat ihn ausdrücklich u.a. darauf hingewiesen, dass der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit nur zulässig sei, wenn im dritten Abschnitt ein Betrag für die Höhe der Bereitschaft zur Zahlung von Unterhalt - der ggf. auch "0" lauten könne - angegeben sei und der zweite Abschnitt vollständig ausgefüllt werde; zudem seien etwaige Einwände gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens näher zu begründen.

Der Antragsgegner hat daraufhin den Einwendungsbogen weiter dahin ausgefüllt, dass er zusätzlich als Einwand "H" angegeben hat, aufgrund seines - dem Antragsteller bekannten - ALG II-Bezuges nicht zur Leistung der Verfahrenskosten bereit zu sein. Im zweiten Abschnitt hat er zu seinen Einkommensverhältnissen angekreuzt, Einnahmen gemäß der Alternative 2 (aus selbständiger Arbeit pp.) zu haben, dazu aber nur die Detail-Frage 1. ("Einnahmen") ohne die vorgesehene Angabe des maßgeblichen Zeitraumes mit "0 EUR" beantwortet, sowie sämtliche weiteren Einkunftsarten einschließlich der Alternative 6 ("andere Einnahmen" - zu der es im Vordruck ausdrücklich heißt "z..B ... Arbeitslosengeld II ...") ausdrücklich verneint. Im dritten Abschnitt des Einwendungsbogens hat er nach wie vor keinerlei Eintragungen vorgenommen. Irgendwelche Anlagen waren dem Einwendungsbogen nicht beigefügt, obwohl dies etwa für die Fragen zu den Wohnkosten sowie den verschiedenen Einkommensangaben jeweils vorgesehen und auf die Notwendigkeit der Beifügung konkret aufgeschlüsselter Unterlagen u.a. bei den Einnahmen aus selbständiger Arbeit pp. und den sonstigen Einnahmen ausdrücklich hingewiesen ist.

Mit Beschluss vom 12.9.2011 hat das AG den Unterhalt wie beantragt festgesetzt. In den Gründen hat es ausgeführt, die Einwendung fehlender Leistungsfähigkeit des Antragsgegners sei unzulässig, da die zwingend erforderliche Ausfüllung des dritten Abschnittes des Einwendungsbogens unterblieben sei. Der Einwand der Unzulässigkeit...

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