Leitsatz (amtlich)

1. Ergeben sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel hinsichtlich der Prozessfähigkeit einer Partei, muss das mit der Sache konkret befasste Gericht, da es um eine Prozessvoraussetzung geht, von Amts wegen Beweise erheben, wobei es nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden ist.

2. Eine solche Beweiserhebung kann auch im sog. Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren erfolgen.

3. In dem Verfahren, in welchem die Prozessfähigkeit einer Partei bezweifelt wird oder ihr sogar abgesprochen werden soll, muss die betroffene Person wenigstens einmal richterlich persönlich angehört werden.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 29.05.2007; Aktenzeichen 5 O 602/06)

 

Tenor

Das gegen den Richter am OLG. angebrachte Befangenheitsgesuch (in der Beschwerdeschrift vom 14.7.2007) wird verworfen.

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 14.07./18.7.2007 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 29.5.2007 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das LG Oldenburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das vom Antragsteller angebrachte Befangenheitsgesuch ist unzulässig, da die Schriftsätze vom 14.7.2007 und 19.6.2007 keine ernsthafte detaillierte und nachvollziehbare Begründung enthalten, weshalb der Richter ... befangen und deshalb von der Mitwirkung an der Entscheidung ausgeschlossen sein sollte. Das Vorbringen des Antragstellers erschöpft sich in unsachlichen und grob verunglimpfenden Äußerungen, ohne im Einzelnen ernsthafte Gründe darzulegen, die gegen die Unparteilichkeit des Richters ... sprechen könnten. Deshalb ist das Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren.

II. Der Antragsteller, der gem. § 63 StGB auf gerichtliche Anordnung in B. in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist, hat mit Schriftsatz vom 17.12.2005 - adressiert an das VG Bremen - "Klage" eingereicht und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt. Er macht u.a. einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 BGB) geltend. Das Verwal - tungsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 25.1.2006 (Bd. I Bl. 29 d.A.) hin - sichtlich des Anspruchs aus Amtshaftung den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren an das (zuständige) LG Oldenburg verwiesen.

Vor der Zustellung des Prozesskostenhilfegesuchs nebst Klage (-entwurf) hat die 5. Zivilkammer des LG Oldenburg mit Beschluss vom 14.12.2006 (Bd. I Bl. 56, 57 d.A.) von Amts wegen die Einholung eines psychiatrischen Sachver - ständigengutachtens angeordnet, weil sie aufgrund ihr bekannter Umstände Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers hegte. Zugleich hat sie dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, zu der Person des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist beauftragte die 5. Zivilkammer den Sachverständigen Prof. Dr. med. F. Dieser erstattete unter dem 26.4.2007 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten (Bd. I Bl. 79 bis 122 d.A.), wobei er sich auf ihm übersandte Aktenunterlagen bei seiner Beurteilung stützte, weil der Antragsteller sich einer Untersuchung nicht stellen wollte. Im Hinblick auf die Beurteilung des Sachverständigen wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.5.2007 hat die 5. Zivilkammer des LG Oldenburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die vom Antragsteller beabsichtigte Prozessführung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), weil ihm die erforderliche Prozessfähigkeit (§§ 51 Abs. 1, 52 ZPO) fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Bd. I Bl. 127 f. d.A.) verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14.7.2007 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingereicht und zur Begründung auch auf seinen Schriftsatz vom 19.6.2007 verwiesen (Bd. I Bl. 135-151 d.A.).

Das LG Oldenburg hat der sofortigen Beschwerde des Antragstellers durch Beschluss vom 18.2.2008 nicht abgeholfen und dem OLG Oldenburg als Beschwerdegericht vorgelegt (§ 572 Abs. 1 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde das Rechtsmittel form-und fristgerecht angebracht (§§ 567, 569, 127 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller hat die in § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO geregelte Notfrist von 1 Monat seit Zustellung des angefochtenen Beschlusses gewahrt. Der die Prozesskostenhilfe versagende Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 29.5.2007 wurde dem Antragsteller ausweislich der zu den Akten gelangten Zustellungsurkunde am 9.6.2007 im Landeskrankenhaus W. zugestellt. In der Beschwerdebegründung vom 14.7.2007 hat der Antragsteller darauf hingewiesen, er habe den Beschluss (erst) am 19.6.2007 erhalten. Von dem Datum ist für die Berechnung der Notfrist (§§ 569 Abs. 1 Abs. 1 i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) auszugehen. Hinsichtlich der (Ersatz-)Zustellung gem. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und deren Unwirksamkeit nach § 178 Abs. 2 ZPO wird a...

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