Leitsatz (amtlich)

Wird eine Gewinnzusage nach § 661a BGB aus dem Ausland an einen Verbraucher mit Wohnsitz im Inland versandt, um ihn zum Abschluss eines Vertrages über die Lieferung beweglicher Sachen zu veranlassen, kann er seinen Anspruch aus diesem Gewinnversprechen im Verbrauchergerichtsstand nach Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ einklagen.

 

Normenkette

EuGVÜ Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1, Art. 5 Nr. 1; BGB § 661a

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 12 O 2760/01)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 16.1.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird, beschränkt auf die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, zugelassen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel ist der BGH zuständig.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.113,43 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Gewinnversprechen.

Der Kläger hatte im Lauf des Jahres 2000 mehrfach Gewinnversprechen der Beklagten erhalten, die dabei die Anschrift „S-& G.” verwandte und die Sendungen auch stets im Inland frei machte. In Wahrheit handelte es sich bei der Beklagten schon damals um eine Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in …/Niederlande, die weder in L. noch sonst wo in der Bundesrepublik Deutschland eine Niederlassung unterhielt. Die Versprechen waren mit der Bitte verbunden, das Warenangebot der Beklagten zu studieren und „das eine oder andere Schnäppchen zu nutzen”, ohne dass hiervon aber die Gewinnberechtigung abhängig gemacht wurde.

Im Juli 2000 bestellte, erhielt und bezahlte der Kläger auch mindestens einen Gegenstand bei der Beklagten.

Im September 2000 erhielt der Kläger von der Beklagten den Gewinn-Abruf-Schein mit der Gewinn-Nummer …, mit dem ihm der Gewinn von 20.000 DM mitgeteilt wurde. In einem Begleitschreiben wandte sich D.H., Direktor, u.a. mit folgenden Worten an ihn:

„Ich habe alles für die große Gewinnübergabe der 20.000 DM in bar am Freitag, den 20.10.2000, vorbereitet. Wie Sie wissen, werden größere Gewinne immer persönlich von unserem Ziehungsleiter, Herrn Dr. U.V. am Wohnort des Gewinners übergeben. Begleitet wird er hierbei von meiner Assistentin, Frau K.B. und unserem Fotografen, der die Aufnahmen für die Gewinnerpräsentation macht. Wenn Sie rechtzeitig antworten, könnte dieses Team am 20.10.2000, so gegen 12.00 Uhr, mit 20.000 DM in bar vor ihrer Haustür in L., V.-Straße, stehen, aber wir benötigen natürlich Ihr Einverständnis dafür. Sicher werden Sie verstehen, dass wir diese hohen Gewinne nur dann vergeben können, wenn wir auch unsere Produkte gut verkaufen. Daher möchte ich Sie heute bitten, auch unser beiliegendes Angebot sorgfältig zu studieren und doch das eine oder andere Schnäppchen-Angebot zu nutzen.”

Eine Gewinnauszahlung ist bis heute nicht erfolgt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe nach § 661a BGB ein Anspruch auf 20.000 DM zu. Die deutschen Gerichte seien international und das LG Nürnberg-Fürth sei örtlich zuständig, weil sein Wohnsitz der Erfüllungsort sei. Materiell sei deutsches Recht anwendbar.

Der Kläger hat zunächst wegen einer Gewinnzusage vom April 2000 am 21.11.2000 einen Vollstreckungsbescheid über 20.000 DM nebst Zinsen gegen die Beklagte erwirkt. Nach Einspruchseinlegung hat er seinen Anspruch zunächst auf weitere Gewinnmitteilungen gestützt und seine Forderungen auf 232.150 DM erhöht. Noch vor der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht hat er seine Klage auf einen Teilbetrag der streitgegenständlichen Gewinnzusage beschränkt und folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 10.001 DM zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und den Vollstreckungsbescheid des AG H. aufzuheben.

Sie hat die ihrer Meinung nach fehlende internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Nürnberg-Fürth gerügt. Außerdem hat sie sich auf ihre auf der Innenseite des Briefumschlags abgedruckten Spielregeln berufen, nach denen die rechtzeitige Zurücksendung des Gewinn-Abruf-Scheins Voraussetzung der Gewinnauszahlung sei.

Der Anspruch könne, wenn er denn bestehen sollte, allenfalls auf § 661a BGB gestützt werden. Der Marktort Deutschland habe zur Konsequenz, dass materielles deutsches Recht zu prüfen sei.

Mit Endurteil vom 16.1.2002, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, hat das LG Nürnberg-Fürth den Vollstreckungsbescheid des AG H. vom 21.11.2000 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von 10.001 DM verurteilt. Nach Meinung des LG ergibt sich seine internationale und örtliche Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Die Voraussetzungen des § 661a BGB hält es für erfüllt.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 25.1.2002 zugestellt worden. Sie hat hiergeg...

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