Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung des Verkäufers auf Erstattung gezogener Nutzungen, § 439 Abs. 4 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

§ 439 Abs. 4 BGB stellt keine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Forderung des Verkäufers auf Erstattung gezogener Nutzungen durch den Käufer hinsichtlich der ursprünglich gelieferten mangelbehafteten Sache dar. Anspruchsbegründenden Vereinbarungen steht § 439 Abs. 4 BGB jedoch nicht entgegen.

 

Normenkette

BGB § 439 Abs. 4; UKlaG § 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 01.02.2005; Aktenzeichen 7 O 10714/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.11.2008; Aktenzeichen VIII ZR 200/05)

BGH (Beschluss vom 16.08.2006; Aktenzeichen VIII ZR 200/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 1.2.2005 - Az 7 O 10714/04 - abgeändert und neu gefasst wie folgt:

II. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, Verbrauchern, die Sachmängelhaftungsansprüche bezüglich der von der Beklagten im Rahmen von Verbrauchsgüterkaufverträgen erworbenen Ware geltend machen, formularmäßiges Schreiben wie das folgende zu übersenden bzw. übersenden und übergeben zu lassen: (Abdruck des Schreibens.)

2. an den Kläger 67,86 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.11.2004 zu bezahlen.

III. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

IV. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 66 % und die Beklagte 34 %.

VI. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleitung von 15.000 EUR abwenden, wenn nicht vorher der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 5.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VII. Für beide Parteien wird die Revision zum BGH zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird zugleich unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des LG Nürnberg-Fürth vom 22.4.2005 für beide Instanzen auf 30.067,86 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger ist ein bundesweit tätiger Verbraucherschutzverband und in der in § 4 UKlaG genannten Liste eingetragen. Die Beklagte ist ein bekanntes Versandhandelsunternehmen.

Die Parteien streiten um insgesamt 3 Unterlassungsansprüche sowie einen Rückzahlungsanspruch, zu dessen Durchsetzung sich der Kläger von der Verbraucherin Frau B. hat ermächtigen lassen.

Dem Berufungsurteil liegen folgende im Tatbestand des Ersturteils festgestellte und von den Parteien nicht angegriffene Sachverhalte zugrunde:

1. Die Beklagte veranlasste ihre Kundendienstmitarbeiter, an Kunden, die im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes einen Mangel an einer bei der Beklagten gekauften Ware rügen, das im Tenor unter II. Ziff. 1 wiedergegebene Schreiben zu verschicken.

2. Im Sommer 2002 bestellte Frau B. bei der Beklagten ein "Herd-Set" zum Preis von 524,90 EUR inklusive Einbau-Service. Die Ware wurde im August 2002 geliefert. Im Januar 2004 stellte Frau B. fest, dass sich die Emailleschicht im Backofen abgelöst hatte. Da eine Nachbesserung nicht möglich war, erfolgte vereinbarungsgemäß ein Austausch des Backofens noch im Januar 2004.

Die Beklagte verlangte nach Austausch des Backofens von Frau B. eine Nutzungsentschädigung i.H.v. zunächst 119,97 EUR, später reduzierte die Beklagte diesen Betrag um 50 EUR. Zwischen Frau B. und der Beklagten kam es zu einer umfangreichen Korrespondenz (s. Anlagen K 6-K 11). Frau B. zahlte schließlich den geforderten Betrag. Am 2.6.2004 unterzeichnet Frau B. zugunsten des Klägers eine "Prozessstandschaftserklärung" (Anlage K 14). Unter Vorlage dieser Erklärung forderte der Kläger von der Beklagten erfolglos die Rückzahlung des Betrages von 67,86 EUR. (Die Differenz zu eigentlich 69,97 EUR ist nicht dargelegt.)

Der Kläger ist der Ansicht, beim 2. Absatz des im Tenor aufgeführten Schreibens handle es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegen zwingende Vorschriften verstießen und deshalb unwirksam seien. In seiner Eigenschaft als Verbraucherschutzverband könne er dies rügen und Unterlassung von der Beklagten verlangen.

Im Übrigen verstoße das Schreiben inhaltlich gegen die §§ 475 ff. BGB, so dass er - hilfsweise - im Wege der Unterlassungsklage der Beklagten generell verbieten könne, ein solches Schreiben im Zusammenhang mit Reklamationen von Verbrauchern zu verschicken.

Der Kläger stellt mit dieser Begründung den im Tatbestand des Ersturteils aufgeführten Klageantrag I.1 samt Hilfsantrag.

Der Kläger vertritt ferner die Auffassung, dass die Beklagte 67,86 EUR zurückzahlen müsse, da Frau B. bei einer Neulieferung aufgrund der gesetzlichen Gewährleistung keine Nutzungsentschädigu...

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