Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltshaftung wegen Verletzung der Prozessförderungspflicht

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1; ZPO §§ 282, 286

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 17.11.2014; Aktenzeichen 6 O 3686/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.09.2019; Aktenzeichen IX ZR 22/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Widerklägers wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2014 (Az. 6 O 3686/14) abgeändert. Die Widerbeklagte wird verurteilt, an den Widerkläger 42.275,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 27.04.2011 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der im Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26.06.2012 (Az. 5 O 471/11) i.V.m. Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30.10.2012 (Az. 17 U 173/12) titulierten Ansprüche des Widerklägers gegen die G. F. GmbH. Die Widerbeklagte wird verurteilt, an den Widerkläger weitere 865,37 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 25.03.2014 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Widerklägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2014 (Az. 6 O 3686/14) wird zurückgewiesen.

III. Die Widerbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Widerbeklagte kann die Vollstreckung des Widerklägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Widerkläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.275,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Widerkläger macht - nach übereinstimmender Erledigterklärung des Klagebegehrens - noch Schadensersatzansprüche aus Anwaltshaftung im Zusammenhang mit der Führung eines Anlagehaftungsmandats geltend.

Diese Ansprüche werden darauf gestützt, dass die vom Widerkläger mandatierte Widerbeklagte im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens (zunächst LG Nürnberg-Fürth 8 O 1760/11, nach Verweisung LG Karlsruhe 5 O 471/11 sowie nachfolgend OLG Karlsruhe 17 U 173/12 - im Folgenden auch als Vorprozess bezeichnet) sowie auch nachfolgend im Rahmen der betriebenen Zwangsvollstreckung durch verschiedene Handlungen bzw. Unterlassungen jeweils eine Verfahrensverzögerung bewirkt hätte, weshalb letztlich die titulierten Ansprüche des Klägers wegen zwischenzeitlicher Zahlungsunfähigkeit und nachfolgender Insolvenz der Schuldnerin nicht mehr zu realisieren gewesen seien. In diesem Verfahren hatte der Widerkläger (seinerzeitiger Kläger) gegen die G. F. GmbH Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von stillen Beteiligungen und Genussrechten an dieser Gesellschaft geltend gemacht; er war hierbei von der Widerbeklagten vertreten worden.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des jeweiligen Sachvorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Der Senat hat folgende ergänzenden Feststellungen getroffen:

Die Widerbeklagte ist ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten in Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts; sie betreibt eine u.a. auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwaltskanzlei. Auf ihrer Internet-Homepage (http://www..xy.com/) wirbt sie insbesondere mit von ihr erstrittenen Entscheidungen. Die Widerbeklagte vertrat seinerzeit etliche Mandanten in Schadensersatzverfahren gegen die G. F. GmbH. Auf ihrer Internet-Homepage veröffentlichte sie u.a.

  • am 12.01.2011 einen Artikel, wonach die G. F. Genussrechtsbeteiligungen mutmaßlich vor dem Aus stünden (siehe http://www.xy.com),
  • am 25.08.2011 einen Artikel, wonach das Landgericht Karlsruhe die G. F. GmbH in einem Verfahren zur Rückzahlung der vollständigen Beteiligungssumme an den Anleger verurteilt habe und Vergleichsgespräche für sämtliche der mehreren Dutzend Mandanten der Widerbeklagten von der G. F. GmbH abgebrochen worden seien (siehe http://www.xy.com),
  • am 26.10.2011 einen Artikel, wonach die vorläufige Vollstreckung eines Anlegers gegen die G. F. GmbH erfolgreich gewesen sei (siehe http://www.xy.com),
  • am 15.12.2011 einen Artikel, wonach die G. F. GmbH erneut zum Schadensersatz verurteilt worden sei (siehe http://www.xy.com)
  • am 01.04.2012 einen Artikel, wonach ein drittes positives Urteil für die Anleger gegen die G. F. GmbH ergangen sei (siehe http://www.xy.com),
  • am 08.11.2012 einen Artikel, wonach das OLG Karlsruhe in vier Berufungsverfahren die G. F. GmbH jeweils verurteilt habe (siehe http://www.xy.com)
  • und am 15.07.2013 einen Artikel, wonach die Widerbeklagte eine Vielzahl geschädigter Kapitalanleger der G. F. GmbH vertreten und in insgesamt 112 Gerichtsverfahren mit einer Gesamtforderungssumme für alle Klagen von mehr als 2,4 Mio. EUR jeweils obsiegt hätte (siehe http://www.xy.com)

Im Februar 2012 und im Mai 2012 (und damit kurze Zeit vor Erlass des vorläufig vollstreckbaren Endurteils des Landgerichts Karlsruhe im V...

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