Leitsatz (amtlich)

1. Die gemeinschaftliche Ausübung der Rechte aus einem Geschäftsanteil an einer GmbH durch mehrere Mitberechtigte gem. § 18 Abs. 1 GmbHG, insbesondere die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Mitberechtigten gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 GmbHG, erfolgt nach den Vorschriften des jeweiligen Gemeinschaftsverhältnisses. Im Falle eines in ungeteilter Erbengemeinschaft stehenden Geschäftsanteils an einer GmbH kann dies im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss der Miterben gem. §§ 2038 Abs. 2 Satz 1, 745 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgen.

2. Die Erhebung einer gesellschaftsrechtlichen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage sowie die diesbezügliche Mandatierung eines Prozessbevollmächtigten zählen zur ordnungsgemäßen Verwaltung eines GmbH-Geschäftsanteils.

3. Bei einem in ungeteilter Erbengemeinschaft stehenden Geschäftsanteil an einer GmbH sind die eine gesellschaftsrechtliche Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhebenden Miterben notwendige Streitgenossen auf materiell-rechtlicher Grundlage i.S.d. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO.

4. In diesem Falle ist die lediglich von einem Miterben erklärte Klagerücknahme wirkungslos und führt insbesondere nicht zur Unzulässigkeit der seitens der weiteren Miterben erhobenen Klage.

 

Normenkette

GmbHG § 18; BGB § 745 Abs. 1 S. 1, § 2038 Abs. 2 S. 1; ZPO §§ 62, 269

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Urteil vom 29.10.2012; Aktenzeichen 41 HK O 1227/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des LG Amberg vom 29.10.2012 - 41 HKO 1227/11 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 14.10.2011 festgestellte Beschluss, "dem Geschäftsführer I. wird für die Geschäftsjahre 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 Entastung erteilt", wird für nichtig erklärt. Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses der beklagten GmbH, mit welchem dem Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde.

1. Die beklagte GmbH wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 9.2.1946 gegründet und am 3.4.1946 in das Handelsregister eingetragen. Geschäftsgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Maschinenelementen. Das Geschäftsjahr der Beklagten läuft vom 1.7. eines Jahres bis zum 30.6. des nächsten Jahres. Das Stammkapital der Beklagten betrug 960.000 DM.

Die am 15.5.1961 geborene Klägerin zu 1., der am 13.6.1966 geborene Kläger zu 2. und die am 10.1.1970 geborene J ... sind die Kinder und die Erben des am 15.11.1986 verstorbenen H ... (im Folgenden: Erblasser). Die Klägerin zu 3. ist die Schwester des Erblassers. Der Erblasser hatte im Testament vom 8.11.1970 (Anlage K2) seine drei Kinder zu Erben eingesetzt und mit einer Testamentsänderung vom 6.3.1986 (Anlage K3) seine Schwägerin K. zur Testamentsvollstreckerin ernannt.

Zum Nachlass gehörte u.a. ein Geschäftsanteil des Erblassers an der Beklagten i.H.v. 150.000 DM. Ferner hielt die Klägerin zu 3. einen Geschäftsanteil i.H.v. 150.000 DM. Geschäftsanteile i.H.v. jeweils 220.000 DM hielten die Geschwister L. O., M. O. und N., geborene O. Nach mehreren Rechtsstreitigkeiten schied der Gesellschafterstamm O sukzessive aus und es erhöhten sich im Zuge dessen die Gesellschaftsanteile der Klägerin zu 3. und der Erbengemeinschaft nach H. auf jeweils insgesamt 480.000 DM.

Am 14.7.2000 hielten die Klägerin zu 3. und die Testamentsvollstreckerin K. ohne Kenntnis der Erben eine Gesellschafterversammlung der Beklagten ab und beschlossen eine Kapitalerhöhung um 36.000 DM auf insgesamt 996.000 DM (Anlage B7). Zur Übernahme der Kapitalerhöhung wurde nur die Klägerin zu 3. zugelassen. Die Klägerin zu 3. übernahm den weiteren Geschäftsanteil i.H.v. 36.000 DM und hält seitdem Geschäftsanteile i.H.v. insgesamt 516.000 DM (ca. 52 % der Geschäftsanteile). Die Kapitalerhöhung wurde am 11.8.2000 in das Handelsregister eingetragen. In einem beim LG Amberg anhängigen Verfahren (Az.: 41 HKO 833/09) streiten die Parteien darüber, ob die Kapitalerhöhung wirksam erfolgt ist (im Folgenden: Verfahren "Kapitalerhöhung").

Mit Beschluss des AG - Nachlassgericht - Amberg vom 14.3.2001 (Anlage K8) wurde auf Antrag der Erben Frau K. als Testamentsvollstreckerin mit der Begründung entlassen, ihr Verhalten als Testamentsvollstreckerin rechtfertige in vielfacher Weise Misstrauen der Erben. Seitdem verwalten die Erben den Nachlass selbst. Mit weiterem Beschluss vom 3.9.2001 wurde der den Klägern zu 1. und 2. erteilte Erbschein, der den Vermerk "Testamentsvollstreckung ist angeordnet" enthielt, für kraftlos erklärt. Am 20.11.2001 erteilte das Nachlassgericht den Kläg...

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